Körperliche Aktivität kann sich generell positiv auswirken auf psychische Erkrankungen – so auch bei Alkoholabhängigkeit. Umso erstaunter war Studienautor Stephan Listabarth und das Forschungsteam, als die Studienergebnisse zeigten, dass ältere Menschen, die körperlich aktiv sind, mehr Alkohol trinken als solche, die auf viel Bewegung lieber verzichten.
Menschen trinken nicht mehr, weil sie mehr Sport machen.
Doch warum ist das so? Listabarth sieht dafür mehrere Gründe: «Menschen, die körperlich aktiver sind, sind möglicherweise auch sozial aktiver, was in unserer Gesellschaft oft mit Alkoholkonsum zusammenhängt.» Ein weiterer Grund liefert die Kompensationshypothese. «Menschen, die vermehrt Alkohol trinken, sind daraufhin bewusst körperlich aktiv, um die negativen Effekte zu kompensieren.»
Zuletzt kann auch die Gesundheit einen Einfluss haben. Menschen, die einen schlechteren Gesundheitszustand hätten, seien einerseits weniger aktiv und würden anderseits auch weniger Alkohol konsumieren, so der Studienautor. Was man aber nicht sagen kann, sei, dass körperliche Aktivität einen direkten Zusammenhang mit dem Alkoholkonsum hat. «Menschen trinken nicht mehr, weil sie mehr Sport machen», sagt Listabarth.
Ältere Menschen trinken immer mehr Alkohol
Neben der körperlichen Aktivität gibt es auch noch andere Faktoren, die einen Zusammenhang mit erhöhtem Alkoholkonsum zeigen. Dazu gehört das Herkunftsland, der Bildungsgrad und das Geschlecht. So trinken Männer mehr Alkohol als Frauen. Aber auch der subjektive Gesundheitszustand spielt laut der Studie eine Rolle. «Jene Menschen, die einen geringeren Alkoholkonsum angegeben haben, fühlten sich subjektiv kränker», sagt Listabarth.
Auch das Alter ist entscheidend. Dass ältere Menschen mehr Alkohol trinken als Jüngere, zeigen nebst diversen Studien auch Schweizer Gesundheitsdaten. «Die Alkoholabhängigkeit hat bei älteren Menschen in den letzten Jahren zugenommen», beobachtet Stephan Listabarth.
Der Alkohol bleibt bei älteren Menschen länger im Körper und wird dort angesammelt.
Nebst einschneidenden Ereignissen, wie die Pensionierung oder der Verlust von Angehörigen, könnte es laut Listabarth auch eine demografische Entwicklung sein: «Nun wird eine Generation alt, die schon im früheren Lebensalter problematische oder abhängige Konsummuster entwickelt hat. Durch die verbesserte Gesundheitsversorgung erreicht diese Generation auch ein höheres Alter als frühere Generationen.»
Sport kompensiert kein Risikoverhalten
In ihrer Studie betonen die Autoren, dass Alkohol im Alter besonders riskant ist. Denn ältere Menschen hätten generell einen langsameren Stoffwechsel, so Listabarth. «Der Alkohol bleibt länger im Körper und wird dort angesammelt. Dadurch können die negativen Effekte stärker sein, als bei jüngeren Menschen.»
Auch wenn aktivere Seniorinnen und Senioren mehr Alkohol konsumieren, rät Listabarth nicht von mehr Sport ab. Körperliche Aktivität sei immer positiv, auch im Hinblick auf Demenz oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Problematisch werde es dann, wenn man davon ausgehe, dass durch körperliche Aktivität bestimmtes Risikoverhalten kompensiert werden kann, sagt Listabarth. «Eine solche Kompensation ist zumindest vollständig nicht möglich.»