Als historischer Durchbruch wurde der Atom-Deal mit dem Iran 2015 gefeiert. Mit viel Pomp unterzeichneten alle Vertragsstaaten das Papier, das verhindern sollte, dass Iran zu einer Atommacht wird. Unterzeichnet wurde das Abkommen von Iran, den USA, China, Russland, Frankreich, Grossbritannien, Deutschland und der EU.
Die Hoffnungen waren auf allen Seiten gross: Dass damit der Iran nachhaltig am Bau einer Atombombe gehindert werden kann und es mit der Aufhebung der Sanktionen zu einer neuen Zusammenarbeit kommt. Doch 2018 kündigte der damalige US-Präsident Donald Trump das Abkommen einseitig auf und die Iraner begannen in der Folge ihrerseits von neuem, Uran anzureichern.
Durchbruch stand kurz bevor
Seit in den USA der neue Präsident Joe Biden an der Macht ist, gibt es Hoffnungen auf eine Wiederbelebung des Abkommens. Seit Monaten laufen unter der Vermittlung der EU in Wien Gespräche. Letzte Woche sah es danach aus, als ob ein Durchbruch kurz bevorstünde. Der russische Chefunterhändler sagte damals, er rechne mit einem Abkommen innerhalb von wenigen Tagen.
Doch dann stellte Moskau die absehbare Einigung plötzlich infrage – wegen des Ukraine-Kriegs: Russlands Aussenminister Lawrow forderte am vergangenen Samstag plötzlich umfangreiche Garantien, dass der Handel zwischen Russland und Iran nicht von den Sanktionen gegen Russland wegen des Einmarsches in die Ukraine betroffen sein werde. Wegen dieser Forderung sind die Verhandlungen in Wien ins Stocken geraten.
«Externe Faktoren» stoppen Verhandlungen
Am Freitag kündigte der EU-Aussenbeauftragte Josep Borell an, die Atom-Verhandlungen würden nun «pausiert». Grund dafür seien «externe Faktoren». Was er genau damit meint, sagte er nicht. Eine finale Textfassung sei aber im Wesentlichen fertig und liege auf dem Tisch.
Dass die Gespräche vorderhand unterbrochen werden, ist kein gutes Zeichen für einen erfolgreichen Ausgang der Verhandlungen. Zwar gab es auch in der Vergangenheit immer wieder Unterbrüche. Doch im Gegensatz zu früher ist der von den westlichen Staaten einst informell definierte Verhandlungszeitraum bereits verstrichen – und der Iran reichert weiter Uran an.
Falls Russland die Verhandlungen langfristig blockieren würde, müssten die Verhandlungen unter neuen Vorzeichen erneut starten. Ob Iran gewillt wäre, einem Abkommen ohne Russland zuzustimmen, ist unklar – Moskau gilt als wichtiger Verbündeter Teherans. Ebenso ist unklar, ob die westlichen Staaten bei weiteren Verzögerungen überhaupt noch an einem Deal interessiert sind.
Zum vorläufigen Scheitern der Verhandlungen dürfte mitunter auch geführt haben, dass der Iran zu den grössten Ölförderern weltweit gehört. Wenn die Sanktionen gegen Teheran gelockert würden, könnte das Bewegung in den Ölmarkt bringen. Eine Konkurrenz für Russland: Putin setzt Erdöl im Sanktionspoker mit dem Westen als Druckmittel ein.
Noch sind die Verhandlungen nicht gescheitert. Doch falls es dazu kommen würde, wäre das Atom-Abkommen ein Kollateralschaden von Russlands Ukraine-Invasion.