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Nahostkrise spaltet die Labour-Partei
Aus Rendez-vous vom 16.11.2023. Bild: Reuters/Yves Herman
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 37 Sekunden.

Folgen der Nahostkrise Zerreissprobe für die britische Labour-Partei

Ein Drittel der Labour-Abgeordneten stimmte gegen die Parteiführung. Diese ist gegen einen sofortigen Waffenstillstand in Nahost.

Darum geht es: Die offizielle Parteilinie von Labour-Chef Keir Starmer lautet: Israel hat jedes Recht, sich nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober zu verteidigen. Ein Waffenstillstand würde demnach nur den Terroristen nützen. Bei einer Abstimmung am Mittwoch, bei der es darum ging, ob die britische Regierung einen Waffenstillstand oder bloss humanitäre Kampfpausen fordern soll, hielt sich rund ein Drittel der Labour-Abgeordneten allerdings nicht an Starmers Linie. 56 Abgeordnete stimmten für einen sofortigen Waffenstillstand. Die BBC spricht von einer «Rebellion» in den Reihen von Labour.

Schadenfreude bei den Tories

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Legende: Keir Starmer. Keystone/Chris Ratcliffe

Die konservative britische Presse reagiert erfreut auf die Probleme bei der politischen Konkurrenz. So schreibt etwa der «Daily Telegraph», Starmer erlebe gerade die grösste Rebellion in seiner ganzen Karriere. Allerdings: «Das ist für die Tories natürlich auch eine willkommene Ablenkung von den politischen Dramen, die ihr Premierminister Rishi Sunak gerade selber durchlebt», sagt SRF-Korrespondent Patrik Wülser in London.

Starmers Rolle: Seit Monaten befindet sich die Labour-Partei im Umfragehoch, Starmer wird schon als nächster Premierminister gesehen. Deshalb positioniert sich der Labour-Chef nicht mehr bloss als Oppositionsführer, sondern längst als nächster Premierminister, der sich auch aussenpolitisch prominent äussert. Zudem versucht Starmer, sich auch gegenüber den USA ins rechte Licht zu rücken. Doch: «Diese Gesten kollidieren derzeit ziemlich frontal mit den humanitären Anliegen der Parteibasis», stellt SRF-Korrespondent Patrik Wülser fest.

Labour drängt an die Schalthebel der Macht

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Die Labour-Partei befindet sich derzeit in der Opposition. Sie und ihr Chef, Keir Starmer, möchten bei den nächsten Wahlen – sie müssen spätestens bis Ende 2024 abgehalten werden – aber die Regierungsmacht von den seit inzwischen 13 Jahren regierenden konservativen Tories übernehmen.

Spezialfall Grossbritannien: «Grossbritannien ist durch seine imperiale Vergangenheit historisch mit dem Nahostkonflikt verbunden», so Wülser. Und durch die koloniale Vergangenheit sei das Land inzwischen eine multiethnische Gesellschaft geworden. «Entsprechend sind die Gräben, welche der Nahostkonflikt aufgerissen hat, spürbar.» Für Labour besteht das Problem insbesondere darin, dass viele ihrer Wählerinnen und Wähler aus Kreisen von Einwanderern und deren Nachkommen stammen. «Deshalb ist es politstrategisch äusserst heikel, wie sich Labour-Chef Starmer in der Nahostfrage positioniert», so Wülser.

Hunderttausende auf Londons Strassen

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Legende: Keystone/Andy Rain

Am vergangenen Wochenende demonstrierten in London rund 300'000 Menschen an einer propalästinensischen Kundgebung gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen. Sie forderten einen sofortigen Waffenstillstand sowie in Sprechchören und auf Plakaten «Freiheit für Palästina». Es war dies die bislang grösste Protestkundgebung, seit der Nahostkonflikt mit dem Terrorüberfall der Palästinenser-Extremisten auf Israel am 7. Oktober eskaliert ist. Unter den Teilnehmenden der Kundgebung war auch Starmers Vorgänger als Labour-Chef, Jermey Corbyn.

Problem für Labour: Keir Starmer übernahm nach der krachenden Wahlniederlage 2019 eine ramponierte Labour-Partei von Jeremy Corbyn, dem Antisemitismus vorgeworfen worden war. Starmer entgiftete die Partei und stellte sie neu auf – doch der Krieg im Nahen Osten reisst jetzt wieder Gräben auf. Derzeit sei die bei der Unterhausabstimmung zutage getretene Spaltung von Labour noch kein riesiges Problem für Starmer, sagt Korrespondent Wülser. «Aber je nachdem, wie sich der Krieg entwickelt, könnte das Eis für Starmer durchaus dünn werden.»

Rendez-vous, 16.11.2023, 12:30 Uhr ; 

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