Darum geht es: Wegen des brutalen Krieges im Sudan sind inzwischen bis zu elf Millionen Menschen auf der Flucht, 1.2 Millionen von ihnen sind nach Angaben des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge nach Ägypten geflohen. Für das nördliche Nachbarland des Sudans bedeutet das eine immense Belastung der Ressourcen und der Infrastruktur. Bei den ärmeren Ägyptern führe diese Situation zu mitunter auch rassistischen Ressentiments, sagt der Journalist Karim El-Gawhary in Kairo. «Sie sehen die Ankömmlinge als Konkurrenten.»
Die Sudanesen werden von den ärmeren Ägyptern zu Sündenböcken gemacht.
Das sind die Probleme: In Ägypten, wo zwei Drittel der rund 112 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner nahe oder unter der Armutsgrenze leben, haben sich angesichts der vielen Zuzüger die Wohnungspreise vor allem in den Armenvierteln stark verteuert. Die Sudanesen könnten diese Preise bezahlen, weil oft mehrere Familien in einer einzigen Wohnung lebten, so El-Gawhary. Doch: «Die Sudanesen werden von den ärmeren Ägyptern zu Sündenböcken für die ohnehin schwierige wirtschaftliche Situation gemacht.»
Das tut die Regierung: Früher war es einfach für Sudanesen, nach Ägypten zu reisen. Doch inzwischen brauchen sie dafür entweder einen offiziellen Aufenthaltsstatus oder einen Ausweis des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Der Aufenthaltsstatus muss dabei alle sechs Monate verlängert werden und kostet jedes Mal 1000 Dollar. «Deshalb sind viele Sudanesen illegal in Ägypten», sagt El-Gawhary. Wenn sie von der Polizei aufgegriffen werden, würden sie zurück in den Sudan gebracht. «Die Behörden schieben die Sudanesen sehr rigoros ab.»
Die sudanesischen Flüchtlinge leben ohne jegliche staatliche Unterstützung.
So leben die Sudanesen: Es ist wie fast überall – das Geld spielt eine grosse Rolle: Jene Sudanesen, die über genügend Geldmittel verfügen und einen legalen Aufenthaltsstatus haben, leben gut in Ägypten. Wer kein Geld hat, lebt in absoluter Armut unter der Furcht, jederzeit in ein Kriegsgebiet abgeschoben zu werden. «Sie leben ohne jegliche staatliche Unterstützung – die Kinder können nicht zur Schule, es gibt keine Gesundheitsversorgung für sie», so der Kairoer Journalist.
NGOs fehlt das Geld: Die UNO und andere Hilfsorganisationen in Ägypten beklagen, sie hätten zu wenig Geld, um die sudanesischen Flüchtlinge zu unterstützen. Zwar hat die EU Ägypten eigentlich 250 Millionen Euro versprochen, um die Migration von Ägypten nach Europa zu stoppen. Dazu gehört auch, den Flüchtlingen im Land eine Perspektive zu geben. «Doch bisher gibt es noch keine spruchreifen Projekte», sagt El-Gawhary. Und damit könnten manche Sudanesen angesichts der Ausweglosigkeit in Ägypten versucht sein, ihre Flucht nach Europa fortzusetzen.