Die 11 Präsidentschaftskandidaten
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Bild 1 von 11. Die Rechtspopulistin des Front National Marine Le Pen verspricht die wirtschaftliche, gesellschaftliche und soziale Abschottung, um Frankreichs Probleme zu lösen. Der Stopp der Einwanderung ist ein zentrales Wahlkampf-Argument. Le Pen will, dass Frankreich den Euro abschafft und das Schengen-Abkommen kündigt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 11. Der junge politische Aufsteiger Emmanuel Macron positioniert sich bewusst weder links noch rechts und will die französische Politik grundlegend erneuern. Sein Programm setzt auf Europa. Er hat keine eigene Partei im Rücken, sondern setzt mit seiner Bewegung En Marche! auf mehr Engagement der Zivilgesellschaft und Unternehmer. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 11. Der Spitzenkandidat der bürgerlichen Rechten François Fillon vertritt ein klar wirtschaftsliberales Programm und will die öffentlichen Ausgaben massiv senken. Er sieht sich als Sanierer des französischen Haushaltes. Er geriet im Wahlkampf in Verruf, als bekannt wurde, dass er über Jahre seine Frau und Kinder scheinbeschäftigt haben soll. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 11. Jean-Luc Mélenchon ist der älteste unter den wichtigsten Kandidaten. Der von der kommunistischen Partei (PCF) unterstützte Anwärter ist ein Europakritiker. Er will über die europäischen Verträge neu verhandeln und über das Resultat in einem Referendum abstimmen lassen. Mélenchon will mehr soziale Umverteilung erreichen von «oben nach unten». Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 11. Der ehemalige Bildungsminister Benoît Hamon war Teil der Regierung von Holland, bracht aber mit diesem und gesellte sich zum Lager der partei-internen Opposition. Er gehört zum linken Flügel der regierenden Sozialisten. Wichtigster Pfeiler seines Programms ist die Einführung eines Grundeinkommens. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 11. Philippe Poutou von der Neuen Antikapitalistischen Partei prangert bei den bürgerlichen Kandidaten deren Scheinbeschäftigungen an. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 11. Bereits 2012 kandidierte Nathalie Arthaud für die trotzkistische französische Linkspartei Lutte Ouvrière, deren Sprecherin sie ist. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 11. Nach 1995 und 2012 tritt der Unabhängige Jacques Cheminade bereits zum dritten Mal als Präsidentschaftskandidat an. Dem 76-Jährigen werden keine Chancen eingeräumt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 11. Jean Lassalle machte schon mehrmals auf sich aufmerksam: Der unabhängige Kandidat wanderte acht Monate durch Frankreich, um mit der Bevölkerung zu reden, trat für 39 Tage in einen Hungerstreik und unterbrach eine Rede von Nicolas Sarkozy, indem er eine Hymne anstimmte. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 11. Nicolas Dupont-Aignan, der ehemalige Parteikollege von Nicolas Sarkozy und Alain Juppé, gründete 2007 ebenfalls eine eigene Partei. Auch er will einen Austritt aus der EU und die Wiedereinführung des Franc. Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 11. Der Rechtsnationalist François Asselineau gründete seine eigene Partei, die «Union Populaire Républicaine». Er glaubt, dass die Europäische Union Frankreich zum Stillstand gebracht hat und fordert den EU-Austritt. Bildquelle: Keystone.
«Vorwärts, Marsch!» – «En Marche!» so nennt sich die politische Bewegung von Emmanuel Macron. Der ehemalige Berater und Wirtschaftsminister des unpopulären Präsidenten François Hollande rief sie vor einem Jahr ins Leben, um in Frankreich einen politischen Kulturschock zu provozieren. Macron ging die Wette ein, dass die Zeit der klassischen grossen Regierungsparteien, die rechten Les Républicains und die Sozialistische Partei, abläuft.
Er strebt eine neue Form des Regierens an. Eine grosse Koalition aus Reformkräften, zusammengesetzt aus Politikern und Experten verschiedener politischen Lager, soll Frankreich fit machen für die Zukunft. Weil viele Wähler von den Versprechungen vorheriger Regierungen enttäuscht sind, ist Macron für sie eine wählbare Alternative geworden und vor allem eine Alternative zum Front National. Der 39-jährige Macron und «En Marche!» sind in kurzer Zeit für viele Wähler zu einen Gütesiegel für politische Erneuerung geworden.
Sein Programm zielt auf die politische Mitte im Land. In Wirtschaftsfragen verspricht Macron, den von Präsident Hollande eingeschlagenen Reformweg weiterzugehen. Das ist ein Vorteil und Nachteil zugleich. Ein Vorteil, weil die bisherigen links-liberal inspirierten Reformen erste positive Früchte zeigen. Es ist ein Nachteil, weil Macron sich rechtfertigen muss, im zweifelhaften politischen Erbe von Präsident Hollande zu stehen.
Marine Le Pen greift darum Emmanuel Macron frontal an. Er sei eine Marionette der sozialistischen Regierungspartei. Marine Le Pen stellt seit Jahren die französischen Grossparteien als Teil eines Machtkartells dar. Sie verspricht ihren Wählern, französische Interessen über alle internationalen Verpflichtungen zu stellen. Darum will sie als Präsidentin so rasch als möglich eine Volksabstimmung über den Austritt Frankreichs aus der Europäischen Union durchführen.
Marine Le Pen hat in den letzten Jahren dem Front National ein neues Image verpasst. Sie gibt sich als Fürsprecherin der einfachen Leute und verspricht Rentnern und Bürgern mit tiefen Einkommen einen weiteren Ausbau des Wohlfahrtsstaats. Der soziale Mantel kaschiert etwas die ideologischen Wurzeln der Partei, die aber immer noch tief greifen, in rechts-nationalistische und fremdenfeindliche Gruppierungen.
Die zahlreichen Terroranschläge in Frankreich seit Januar 2015 und die europäische Flüchtlingskrise haben den Kampf gegen die Überfremdung und Sicherheitsfragen zu einem zentralen Wahlkampfthema gemacht, ohne dass der Front National davon sprechen muss. In diesen Fragen profitiert Marine Le Pen von einer hohen Glaubwürdigkeit. Das erklärt zu einem grossen Teil die grossen Gewinne der Partei in den zurückliegenden Gemeinde- und Regionalwahlen in Frankreich und die aktuell hohe Zustimmung für den Front National in Meinungsumfragen.
Marine Le Pens Front National hat sich als dritte politische Kraft etabliert. Dieses solide Fundament scheinen auch Ermittlungen der Justiz gegen Marine Le Pen nicht zu erschüttern. Die Staatsanwaltschaft für Finanzfragen ermittelt nämlich nicht nur gegen den bürgerlichen Kandidaten François Fillon wegen Scheinbeschäftigung von persönlichen Mitarbeitern, sondern auch gegen die Chefin des Front National. Marine Le Pen hat gemäss der EU-Aufsichtsbehörde auf Kosten des europäischen Parlamentes einen Leibwächter und die Generalsekretärin ihrer Partei angestellt. Le Pen erkennt darin eine Verschwörung der Justiz gegen sie und beruft sich auf ihre parlamentarische Immunität.
Auf diese hätte sich auch François Fillon berufen können. Er will sich nun aber nur noch dem Urteil des Volkes unterwerfen. Der Kandidat der Républicains gewann überraschend klar die Vorwahlen eines Mitte-rechts-Bündnisses – mit einem Programm, das wirtschaftlich als neo-liberal gilt, den Thatcherismus der 80er Jahre als Vorbild hat und in Gesellschaftsfragen primär konservative Werte zu pflegen verspricht.
Fillon hat in den letzten Wochen aber fast seine ganze politische Glaubwürdigkeit verspielt. Niemand spricht mehr von seinem politischen Programm, sondern nur noch von der jahrelangen Beschäftigung seiner Frau und Kinder als persönliche Mitarbeiter, deren fürstlichen Salären und den mangelnden Beweisen für tatsächlich geleistete Arbeit. Gemäss aktuellen Umfragen würde François Fillon bei den Präsidentschaftswahlen nach dem ersten Wahlgang ausscheiden.
Viele einstige Verbündete von François Fillon haben darum das sinkende Schiff verlassen und sind zu Emmanuel Macron übergelaufen. Die gleiche Bewegung ist bei den Sozialisten zu beobachten. Insbesondere der rechte Parteiflügel der Sozialisten erkennt sich im Programm des Spitzenkandidaten Benoît Hamon nicht wieder. Hamon gewann die Vorwahlen der Sozialisten mit den Versprechen, die wirtschaftlichen Reformen von Präsident Hollande rückgängig zu machen. Gleichzeitig verspricht Hamon eine ökologische Steuerreform und ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle Bürger von 750 Euro pro Monat.
Der Kandidat Hamon muss sich zudem im linken Lager gegen eine ebenso starke Alternative behaupten – die ihn laut Umfragen in der Wählergunst deutlich überflügelt. Diese verkörpert der Kandidat Jean-Luc Mélenchon, der ein sehr ähnliches Programm propagiert. Keiner der beiden war aber bereit, seine Kandidatur zurückzuziehen.
Die Schwächen der etablierten Parteien links und rechts beflügeln darum die Kampagne von Marine Le Pen und Emmanuel Macron zusätzlich. Gut möglich also, dass die französischen Präsidentschaftswahlen mit einer doppelten Premiere enden: Noch nie musste ein amtierender Präsident auf eine zweite Amtszeit verzichten. Und noch nie wurde ein Kandidat ohne Parteibuch gewählt – oder eine Frau als Präsidentin.