Vor seiner Afrika-Reise bemüht Emmanuel Macron grosse Worte: In seiner Rede im Élysée-Palast sprach er vom Beginn einer neuen Ära zwischen Frankreich und den afrikanischen Ländern, die es einst als Kolonialmacht beherrschte.
Afrika sei nicht mehr der Hinterhof Frankreichs, so Macron. «Wir wollen afrikanische Länder als Partner ansprechen, mit denen wir Interessen und gegenseitige Verantwortung teilen.»
Doch will man auch aus afrikanischer Sicht eine neue Ära einläuten? «Man hört die Glocken aus Paris», sagt Samuel Burri, Afrika-Korrespondent von SRF. «Es waren harmonische Töne. Deswegen schallt vom afrikanischen Kontinent auch wenig Dissonanz zurück.»
Burri dämpft die Erwartungen allerdings: Frankreich sei nur ein Partner unter vielen, der seine Afrika-Politik neu ordnen will. Denn Staaten rund um den Globus haben auf dem Kontinent Ambitionen.
Frankreichs Kolonialnetz überspannte einst viele heutige Staaten von West- bis Zentralafrika. Das koloniale Erbe ist nach wie vor stark präsent.
Manchmal kommt Frankreich arrogant rüber – das weiss auch Präsident Macron.
«Im Supermarkt hat es französische Produkte, und auf dem Frühstückstisch liegt Frischkäse von ‹La vache qui rit›», berichtet Burri. Auch Wein sei in den ehemaligen französischen Kolonien viel populärer als im englischsprachigen Afrika. Kurz: «Frankreich hat einen Teil seiner Kultur hiergelassen.»
Gerade der Franc-CFA ist umstritten: Früher war er an den französischen Franc gekoppelt und heute an den Euro. Den Staaten in der Währungsunion verunmöglicht das eine eigenständige Währungspolitik.
«Deswegen wird der Franc-CFA hier gerne als neokoloniales Machtinstrument bezeichnet. Er ist zumindest ein Symbol dafür, dass Frankreich nach dem Ende der Kolonialzeit nie ganz loslassen konnte», meint Burri.
Eklat in Mali
In seiner Rede versprach Macron auch mehr Demut gegenüber Afrika. Die Worte dürften nicht von ungefähr kommen: So kam es im letzten Jahr zum Eklat in Mali. Nach mehreren Putschen kam dort eine Militärregierung an die Macht. Diese machte Frankreich für die anhaltende Unsicherheit und den islamistischen Terror in der Sahelzone mitverantwortlich.
Der französische Aussenminister desavouierte die neuen Machthaber prompt als «Junta», die ausser Kontrolle geraten und illegitim sei. «Eine solche Wortwahl vom ehemaligen Kolonialherren wollte man sich in Mali nicht bieten lassen», sagt Burri. «Manchmal kommt Frankreich arrogant rüber – das weiss auch Präsident Macron.»
Paris unterhält allerdings auch Seilschaften und Freundschaften zur Elite in afrikanischen Ländern, so etwa in die Elfenbeinküste oder den Tschad. Dort nahmen es die französischen «Demokratie-Prediger» mit ihren eigenen Grundsätzen aber nicht immer so genau – was ebenfalls für Verstimmungen sorgte:
Macron kündigte in seiner Rede auch an, dass er französische Soldaten aus Afrika abziehen will. In Ländern wie Mali oder Burkina Faso ist man schlicht nicht mehr erwünscht, andernorts will Paris verstärkt mit den lokalen Armeen kooperieren.
Werben um Afrikas Gunst
Der französische Teilrückzug schafft Raum für andere Länder, die ihren Einfluss ausbauen wollen. Das könnte auch eine Chance für afrikanische Länder sein.
«Ich glaube, dass es künftig zu einer verstärkten Koexistenz kommt», schliesst Burri. «Afrikas Staaten werden ihre Partner auswählen und beliebig kombinieren. Ein gewisser Wettbewerb ist aus afrikanischer Perspektive ideal.»