- Der Friedensnobelpreis geht an die iranische Frauenrechtlerin Narges Mohammadi.
- Die inhaftierte Iranerin erhält den Preis für ihr Engagement für die Rechte von Frauen in Iran.
- Narges Mohammadi ist eine der bekanntesten Menschenrechtsaktivistinnen im Iran und wurde bereits mehrfach inhaftiert.
Mohammadi bekommt den prestigeträchtigen Preis «für ihren Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran und ihren Kampf für die Förderung der Menschenrechte und der Freiheit für alle», wie die Vorsitzende des Komitees, Berit Reiss-Andersen, bei der Preisbekanntgabe in Oslo sagte. Sie ist die 19. Frau, die den Friedensnobelpreis erhält, und die zweite iranische Frau, nachdem die Menschenrechtsaktivistin Shirin Ebadi den Preis im Jahr 2003 erhalten hatte.
Aktuell verbüsst die 51-Jährige eine langjährige Haftstrafe im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran. Ende 2022, während der landesweiten Aufstände gegen Irans Machtapparat, brachte sie einen Bericht ans Licht, der mutmassliche Folter an Dutzenden Frauen im Hochsicherheitsgefängnis aufdeckte.
Auch während der Demonstrationen war die Aktivistin eine wichtige Stimme der Bewegung, die mit dem Protestslogan «Frau, Leben, Freiheit» auf die Strasse gegangen war. Aus der Haft heraus kritisierte Mohammadi das gewaltsame Vorgehen des iranischen Sicherheitsapparats gegen die Aufstände, die vor allem von der jungen iranischen Generation getragen wurden.
Ihr Werdegang
Mohammadi stammt aus der zentralen iranischen Provinz Sandschan, wo sie in einer Familie der Mittelschicht aufwuchs. Bereits in ihrer Kindheit wurde sie politisch geprägt, als ihre Verwandten nach der islamischen Revolution im Jahr 1979 verhaftet wurden. Die Hinrichtung ihres Onkels, die Trauer und Schreie ihrer Mutter seien prägend für sie gewesen und habe Mohammadis Aktivismus ins Rollen gebracht, berichtete die New York Times.
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Bild 1 von 3. Mohammadi (rechts) bei einer Pressekonferenz mit Aktivistin Shirin Ebadi zur Bewertung der Menschenrechtslage im Iran im UNO-Hauptsitz in Genf. Neben Mohammadi ist Karim Lahidji, Präsident der iranischen Liga für die Verteidigung der Menschenrechte. Ganz links ist Hadi Ghaemi, Sprecher der internationalen Kampagne für Menschenrechte im Iran. (2003). Bildquelle: Keystone/Magali Girardin.
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Bild 2 von 3. Narges Mohammadi (rechts) klatscht der Dichterin Simin Behbahani (links) zu, während sie und die iranische Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi an einem Treffen in Teheran, Iran teilnehmen. (3. Juli 2008). Bildquelle: Keystone/Vahid Salemi.
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Bild 3 von 3. Mohammadi hat zwei Kinder, Zwillinge, und einen Ehemann, die nach Frankreich ausgewandert sind. Taghi Ramahi, der Ehemann von Narges Mohammadi, posiert mit einem undatierten Foto von sich und seiner Frau während eines Interviews in seinem Haus in Paris. (6. Oktober 2023). Bildquelle: Reuters/Christian Hartmann.
Die studierte Physikerin setzte sich für die Abschaffung der Todesstrafe im Iran ein und prangerte zahlreiche Urteile als politisch motiviert an. Zudem ist sie Mitglied des «Zentrums für Menschenrechtsverteidigung» im Iran, das von der Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi gegründet wurde. Die iranischen Behörden haben der Organisation längst die Arbeit untersagt und werfen ihr vor, Propaganda zu betreiben.
UNO fordert Freilassung
Die Vereinten Nationen haben den Nobelpreis für die inhaftierte Frauenrechtsaktivistin begrüsst und ihre Freilassung gefordert. «Frauen im Iran sind eine Inspiration für die Welt», sagte Liz Throssell, Sprecherin des UNO-Büros für Menschenrechte. Der Fall Mohammadis zeige, welche grossen Risiken Frauen auf sich nähmen, um sich für die Menschenrechte aller Iranerinnen und Iraner einzusetzen.
2016 verurteilte ein Revolutionsgericht die Aktivistin zu 16 Jahren Haft. Das Urteil steht im Zusammenhang mit ihrem Einsatz gegen die Todesstrafe und wird mit angeblicher Verschwörung gegen die nationale Sicherheit, Mitgliedschaft in einer verbotenen Gruppe und Propaganda gegen den Staat begründet – Vorwürfe, die vielen iranischen Aktivistinnen bekannt vorkommen.
Die Friedensnobelpreisträger der letzten fünf Jahre
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Bild 1 von 9. Ales Bjaljazki. 2022 erhielt der Belarusse Ales Bjaljazki, ... Bildquelle: Keystone/TATYANA ZENKOVICH.
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Bild 2 von 9. «Center for Civil Liberties». ....das «Center for Civil Liberties», Ukraine, sowie... Bildquelle: Keystone/SERGEY DOLZHENKO.
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Bild 3 von 9. «Memorial». ... die Organisation «Memorial» – hier Oleg Orlov, ein Mitglied des Vorstandes – mit Sitz in Moskau, Russland, den Friedensnobelpreis. Der Menschenrechtsaktivist und die zwei Organisationen wurden unter anderem für ihre Bemühungen, Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen und Machtmissbrauch zu dokumentieren, ausgezeichnet. Bildquelle: Keystone/Alexander Zemlianichenko).
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Bild 4 von 9. Maria Ressa. Im Jahr 2021 verlieh das norwegische Institut den Friedensnobelpreis an Maria Ressa, Philippinen, und... Bildquelle: Keystone/Aaron Favila.
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Bild 5 von 9. Dmitri Muratow. ... Dmitri Muratow, Russland, für ihre Bemühungen um die Wahrung der Meinungsfreiheit. Bildquelle: Keystone/Alexander Zemlianichenko.
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Bild 6 von 9. Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP). Den Nobelpreis für Frieden 2020 erhielt wieder eine Organisation: das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) mit Sitz in Rom, Italien. Das Komitee begründete den Entscheid mit den Bemühungen des WFP, den Einsatz von Hunger als Waffe für Krieg und Konflikte zu verhindern. Bildquelle: Keystone/ORLANDO BARRIA.
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Bild 7 von 9. Abiy Ahmed. Der Äthiopier Abiy Ahmed bekam 2019 für seine Initiative zur Lösung des Grenzkonflikts mit Eritrea den Friedensnobelpreis. Bildquelle: Keystone/Francisco Seco.
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Bild 8 von 9. Denis Mukwege. 2018 gab es wieder zwei Preisträger: Denis Mukwege, Demokratische Republik Kongo, sowie... Bildquelle: Keystone/PATRICK SEEGER.
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Bild 9 von 9. Nadia Murad. ... Nadia Murad, Irak, «für ihren Einsatz gegen sexuelle Gewalt als Waffe in Kriegen und bewaffneten Konflikten». Bildquelle: Keystone/Salvatore Di Nolfi.
Die Vorsitzende des Nobelpreis-Kommitees, Reiss-Andersen, sagte, Mohammadi sei dreizehnmal inhaftiert und fünfmal verurteilt worden. Ihre Gesamtstrafe beläuft sich nach mehreren Urteilen inzwischen auf mehr als 30 Jahre Haft. Immer wieder hatte sie auch mit Gesundheitsproblemen zu kämpfen, zwischenzeitlich kam sie aus der Haft frei.