Der französische Präsident Emmanuel Macron, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Brasiliens Präsident Lula da Silva: Sie geben sich dieser Tage in Peking die Klinke in die Hand. Doch die chinesische Führung empfängt die Staatslenker nicht ohne Hintergedanken.
China will gemeinsam mit dem globalen Süden die aktuelle Dominanz des Westens durchbrechen.
Es gehe ihr darum, die globale Ordnung nach chinesischen Vorstellungen zu ändern, sagt Mikko Huotari. Er ist Direktor des Mercator-Instituts für Chinastudien in Berlin. «Der Anspruch, die internationale Ordnung mitzugestalten, beginnt jetzt durch die Führung in China eingelöst zu werden.»
Westliche Dominanz durchbrechen
Gemäss Huotari will China in den internationalen Organisationen seine eigenen Interessen durchsetzen. «Und es will mit dem globalen Süden gemeinsam die Vorherrschaft oder die aktuelle Dominanz des Westens durchbrechen.»
Huotari verweist auf die zahlreichen globalen Initiativen, die China gestartet hat, angefangen mit der neuen Seidenstrasse vor rund zehn Jahren: Peking finanziert die Infrastruktur in zahlreichen Entwicklungs- und Schwellenländern und bindet diese so an sich.
In den letzten ein bis zwei Jahren lancierte China zusätzlich eine globale Sicherheitsinitiative, eine globale Entwicklungsinitiative, eine globale Datensicherheitsinitiative und eine globale Zivilisationsinitiative. Was diese alle konkret beinhalten, ist noch kaum ersichtlich. Aber es sind Vertragswerke, mit denen China Länder rund um den Globus als Partner gewinnen will.
China sucht Verbündete im Sicherheitsrat
Und auch in den bestehenden internationalen Organisationen will China Einfluss nehmen. «Zum Beispiel möchte Brasilien ständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrates werden. China unterstützt das», sagt Professor Jiang Shixue, der Chinas Aussenpolitik seit Jahrzehnten beobachtet und kommentiert.
Ein Freund als ständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat ist hilfreich, um dort eigenen Interesse durchzusetzen.
Ein anderes brennendes Thema für China und den globalen Süden ist Vorherrschaft des Dollars im globalen Finanzsystem: «Die USA handeln unverantwortlich. Deshalb müssen die Entwicklungsländer etwas gegen diese globale Währung machen», fordert Jiang.
Die USA handeln unverantwortlich. Deshalb müssen die Entwicklungsländer etwas gegen den Dollar machen.
Er spricht darauf an, dass die USA Länder vom Dollarhandel ausschliessen können und dies auch tun, wie zum Beispiel Russland, nachdem es den Krieg gegen die Ukraine gestartet hatte. Der Dollar ist ein Machtinstrument für die USA.
China lässt in Renminbi bezahlen
Darauf reagiert Peking, indem es mit den Besuchern aus dem globalen Süden vereinbart, dass künftig vermehrt der chinesische Renminbi im bilateralen Handel eingesetzt werden soll. So unternimmt das Reich der Mitte gerade sehr viel, um sich geopolitisch im Zentrum der Welt zu positionieren.
Der Westen seinerseits sucht sich Partner, welche die westlichen Wertvorstellungen teilen – auch auf der südlichen Halbkugel. «Die China-Herausforderung ist eine globale Herausforderung», betont Mikko Huotari von Merics. Deshalb suchten die USA die Zusammenarbeit mit Japan oder Indien sowie weiteren Partnern in der Region. Dies wiederum führt dazu, dass China seine Interessen global noch vehementer vertritt.
Auch deshalb bewegt sich die Welt zunehmend auf eine Blockbildung zu. Auch wenn dies nicht das angestrebte Ziel ist – weder von China noch vom Westen.