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Gerangel mit China Australiens pazifische Sicherheitsdiplomatie im Schnelltempo

Australien baut unter der Regierung von Premierminister Anthony Albanese seinen Einfluss im Pazifik aus. Neue Verträge mit pazifischen Kleinstaaten sollen die Expansion Chinas dieser strategisch immer wichtiger werdenden Region der Welt bremsen.

Nauru ist so klein, dass es auf manchen Karten nicht einmal eingezeichnet ist. Der Mikrostaat im Pazifik besteht aus nur einer Insel. Über Jahrtausende haben durchziehende Vögel dort ihr Geschäft erledigt und Tonnen von hochwertigem Phosphat zurückgelassen. Das wurde abgebaut und als Dünger in alle Welt exportiert.

Für ein paar Jahre war Nauru eines der reichsten Länder der Welt. Zurück blieb allerdings eine tote, vernarbte Landschaft. Heute sehen die rund 13'000 Bewohnerinnen und Bewohner kaum eine Zukunft. Nauru lebt primär davon, ein Internierungslager zu sein. 

Millionen für Naurus Polizei

Australien inhaftiert auf der Insel Bootsflüchtlinge, unter horrenden Bedingungen, wie Menschenrechtler sagen. Nauru lässt sich dafür zwar gut bezahlen. Laut der Pazifikexpertin Jessica Collins von der australischen Denkfabrik Lowy Institute hat das Land aber «Probleme mit dem Wachstum, mit der Diversifizierung der Wirtschaft».

Australischer Neo-Kolonialismus

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Der Ruf nach direkter Intervention in Politik und Wirtschaft der kleinen Nachbarländer ist in Australien nicht neu. Der frühere Premierminister Kevin Rudd hatte 2019 angeregt, Australien solle den Menschen von Tuvalu, Kiribati und Nauru die Staatsbürgerschaft offerieren – im Gegenzug würde Australien die Kontrolle über deren Meeresgebiete, der Wirtschaftszonen und der Fischereirechte übernehmen.

Der Aufruf wurde vom damaligen Premier von Tuvalu mit einem Wort abgeschmettert: «Neokolonialismus». Ein Wort, auf das Australien laut der Expertin Jessica Collins bis heute «sehr empfindlich» reagiere. So sei es wichtig zu bemerken, dass die jüngsten Zusammenarbeitsverträge auf ausdrücklichen Wunsch der jeweiligen Regierungen der Pazifikstaaten zustande gekommen seien.

Nun will der australische Premierminister Anthony Albanese umgerechnet 70 Millionen Franken in die Haushaltskasse Naurus pumpen. Die Hälfte des Geldes fliesst in Polizeiarbeit, in Sicherheitsinfrastruktur und in die Rekrutierung von Polizisten.

Massnahmen gegen China

Der Vertrag hat eine Nebenklausel: Im Gegenzug verliert Nauru nämlich sein Recht zur Selbstbestimmung in Sicherheitsfragen. Der Grund sei China, macht die Expertin Jessica Collins klar: «Australien weitet im ganzen Pazifik seine Unterstützung von Sicherheits- und Polizeikräften aus. Denn China versucht, dasselbe zu tun».

Zwei Männer bei einer Pressekonferenz vor australischen und nauruischen Flaggen.
Legende: Naurus Präsident David Adeang (links) besuchte Australiens Premier Anthony Albanese Anfang Dezember in Canberra. Thema war unter anderem der Zusammenarbeitsvertrag der beiden Länder. Imago/Dominc Giannini

Seit Jahren pumpt Peking Geld und Goodwill in die kleinen Pazifikländer und schafft sich so immer mehr Freunde. China füllte ein Vakuum aus. Denn die frühere konservative australische Regierung hatte die Nachbarn jahrelang vernachlässigt, trotz deren eskalierender Probleme.

Viele Inselnationen sind von den Folgen der Klimaerwärmung und dem steigenden Meeresspiegel existenziell bedroht.

Tuvalu und Papua-Neuguinea im Visier

Nun versucht Australien aufzuholen in einem Gebiet, das traditionell der Einflussbereich des Westens war. So unterzeichnete Albanese vor ein paar Monaten mit Tuvalu ein ähnliches Abkommen. Auch diese Kleinstnation gibt Canberra dafür ein Vetorecht in Sicherheitsfragen. Ein Sicherheitsabkommen etwa mit China abzuschliessen, wäre somit unmöglich. 

Und vor kurzem weitete Australien mit dem Aufbau eines Rugby-Teams seinen Einfluss beim nördlichen Nachbarn Papua-Neuguinea aus – weiche Diplomatie als Schritt zu einem harten Sicherheitsabkommen.

Werben um Salomonen

Tage danach meldete Australien einen weiteren Erfolg: Albanese unterzeichnete ein Sicherheitsabkommen mit den nahe gelegenen Salomon-Inseln. Dort allerdings kommt Canberra zu spät: Peking gelang 2019 ein Coup, als sich der frühere Taiwan-Verbündete Peking zuwandte.

Heute bilden in der Hauptstadt Honiara chinesische Polizisten ihre pazifischen Kollegen aus. Es ist eine offene Frage, wie diese auf die Ankunft australischer Instruktoren reagieren werden. Auch in den Salomonen wird sich Canberra auf die Ausbildung von Sicherheitskräften konzentrieren.

Rendez-vous, 15.1.2024, 12:30 Uhr

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