Die aktuelle Lage in Kosovo: Einen Tag nach schweren Auseinandersetzungen zwischen militanten Serben und der Schutztruppe Kfor haben sich erneut Serben im Norden Kosovos zu Protesten versammelt. Demonstranten fanden sich vor den Gemeindeämtern in Zvecan, Leposavic und Zubin Potok ein, die von der durch die Nato geführten Kfor gesichert werden, berichtete das kosovarische Nachrichtenportal «koha.net» unter Berufung auf eigene Reporter vor Ort.
Die Vorgeschichte: Am Montagnachmittag war es in Zvecan zu Zusammenstössen mit rund 80 Verletzten gekommen, als die Kfor-Truppe eine gewalttätig gewordene Menge unter Einsatz von Tränengas auflöste. Die militanten Serben bewarfen die internationalen Ordnungskräfte mit Brandsätzen, Steinen und Flaschen.
Der Grund für die serbische Wut: Ethnisch albanische Bürgermeister wollten im Norden von Kosovo nach umstrittenen Wahlen ihre Ämter antreten. Das versuchten ethnisch serbische Demonstranten zu verhindern. An den Wahlen hatten sich die meisten Serbinnen und Serben in Kosovo nicht beteiligt. Die Wahlbeteiligung lag bei «extrem tiefen» 3.5 Prozent, wie Peter Balzli, SRF-Balkankorrespondent sagt.
Die Angreifer: Es waren Serben in Zivilkleidern, welche die Kfor-Soldaten am Montag angriffen. Die kosovarische Regierung in Pristina glaube die Angreifer, als serbische Militärpolizisten erkannt zu haben, wie SRF-Balkankorrespondent Peter Balzli sagt. Dafür gibt es laut der Regierung mittlerweile auch Beweise: Einige Männer seien als serbische Militärpolizisten identifiziert worden. «Wenn dies stimmt», so Balzli, «dürfte mit grosser Wahrscheinlichkeit die serbische Regierung hinter den Unruhen stecken.»
Die Verletzten: 30 Kfor-Soldaten, unter ihnen 19 Ungarn und 11 Italiener, erlitten Verletzungen, darunter Knochenbrüche und Verbrennungen, teilte die Schutztruppe in Pristina mit. «Die Kfor hat (...) auf die unprovozierten Angriffe einer gewalttätigen und gefährlichen Menge reagiert», hiess es in der Mitteilung. Laut dem Krankenhaus in der nahen Stadt Mitrovica wurden 53 Serben verletzt.
Serben in Kosovo: Im Norden Kosovos leben viele Menschen, die sich als ethnische Serben verstehen.
Das Grundproblem: Kosovo sieht sich als unabhängiger Staat. Für Serbien ist Kosovo nach wie vor ein Teil von Serbien. 2008 hat Kosovo seine Unabhängigkeit erklärt. Nach einem bewaffneten Aufstand der Kosovo-Albaner und einer Nato-Intervention gegen Serbien 1999 hatte die UNO-Administration Unmik das Land verwaltet. Die Nato-geführte internationale Kosovo-Schutztruppe Kfor wurde 1999 von der UNO damit beauftragt, für die Sicherheit im Kosovo zu sorgen.
Das schreibt die Nato: Infolge der gewaltsamen Proteste in Kosovo stockt die Nato ihre Truppen in dem Westbalkan-Land auf. «Als Antwort auf die jüngsten Unruhen und die Verletzung von 30 Mitgliedern der Nato Kosovo Force, hat die Nato die Stationierung ihrer Operational Reserve Forces (ORF) für den Westlichen Balkan angeordnet», hiess es in einer Erklärung der Allianz am Dienstag. Sie schickt 700 zusätzliche Soldaten nach Kosovo.
Das sagt die EU: Die EU hat die jüngsten Ausschreitungen im Norden Kosovos aufs Schärfste verurteilt. «Gewalttaten gegen Bürger, gegen Medien, gegen Strafverfolgungsbehörden und die Kfor-Truppen sind absolut inakzeptabel», sagte der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell am Dienstag in Brüssel.
Stellungnahme des EDA: Das Schweizer Aussendepartement EDA hat nach gewaltsamen Zusammenstössen im Norden Kosovos Angriffe auf Soldaten der Kosovo-Schutztruppe Kfor aufs Schärfste verurteilt. Schweizer Swisscoy-Angehörige wurden nicht verletzt. Das Kompetenzzentrum der Schweizer Armee für die Friedensförderung im internationalen Rahmen (Swissint), die Swisscoy sowie die Kfor beobachteten die Situation vor Ort. Die Sicherheit der Swisscoy-Angehörigen habe Priorität. Verteidigungsministerin Viola Amherd würdigte in einem Tweet den Einsatz der Kfor für die Stabilität des Landes.