Die Stadt Lod liegt etwa 20 Kilometer östlich von Tel Aviv. Rund 75'000 Menschen leben hier. Die Mehrheit ist jüdisch, rund 30 Prozent machen arabisch-israelische Bürgerinnen und Bürger aus.
Der Gewaltausbruch der letzten Tage hat Lod weltweit in die Schlagzeilen gebracht. Erst letzte Nacht gingen randalierende arabische Jugendliche auf ein jüdisches Viertel los und versetzten die Menschen in Angst und Schrecken. Sie schändeten eine Synagoge und steckten sie in Brand.
Rechtsextreme jüdische Siedler
Augenzeuge der Ereignisse in Lod ist Mahmoud Muhareb. Er ist Universitätsprofessor und Politiker der israelisch-arabischen Balad-Partei in der Stadt. Die Gewalt arabischer Jugendlicher gegen jüdische Mitbewohner und ihre Einrichtungen letzte Nacht verurteilt er klar: «Wir sind gegen Gewalt gegen Juden und Jüdinnen. Wir wollen in Frieden leben», sagt er.
Er erzählt, was zur Gewalt geführt hat: In den letzten zehn Jahren – also etwa, seitdem Benjamin Netanjahu Premier Israels ist – seien immer mehr religiös-nationalistische jüdische Siedler in die Stadt gekommen. Viele von ihnen seien rechtsextreme, rassistische Kahanisten.
Palästinenser bei Protesten erschossen
Als palästinensische Jugendliche vor einigen Tagen auch in Lod wegen der Ereignisse in Jerusalem demonstriert hätten, sei es nach einer Zunahme der Spannungen zwischen den Siedlern und dem Rest der Bevölkerung, zum Eklat gekommen. Ein Siedler erschoss einen palästinensischen Mann.
Die israelische Polizei habe zugeschaut und den Täter erst am folgenden Tag verhaftet, als es erneut zu Protesten gekommen sei, sagt der israelisch-arabische Professor und Politiker.
Als der junge Mann beerdigt wurde, kamen auch Jüdinnen und Juden, um ihr Beileid auszudrücken. Was passiert sei, sei tragisch, sagt die jüdische Projektentwicklerin Nathali Kirshtein. Sie wohnt seit 20 Jahren in Lod.
Von der Politik provozierte Situation?
Die Gewalteskalation der vergangenen Nacht, die sich gegen die jüdische Bevölkerung richtet, macht sie wütend. «Ich habe gemischte Gefühle: Weil mein Daheim, meine Stadt zerstört wird, ich bin frustriert und wütend.» Doch sie sei nicht in erster Linie wütend auf die Araber in ihrer Stadt.
«Ich bin wütend auf die Politik, auf die Institutionen: Warum bringen sie Nationalisten und Extremisten in unsere Stadt? Sie befehlen hier, sie lösen Gewalt aus.» Klar, in Lod habe es immer mal wieder Spannungen gegeben. Sie sei eine arme Stadt, ein hartes Pflaster.
«Aber diese Gruppe von neuen Bewohnern diskriminiert die arabische Bevölkerung systematisch», sagt Kirshtein. Und nach der Gewalteskalation sei ihr klar, dass dies von der Politik gewollt sei.
Rakete tötet Vater und Tochter
Letzte Nacht erlebte Lod beispiellose Gewalt – aber nicht nur durch die arabischen Jugendlichen, die die jüdische Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzten. Es starben auch zwei Menschen durch den Raketenbeschuss aus Gaza.
Ein Vater und seine 16-jährige Tochter – arabische Israelis – fielen einer der Bomben zum Opfer. Sie hätten keinen Luftschutzkeller bauen dürfen, weil es ihnen die israelischen Behörden verboten hätten, sagt Muhareb.
In Lod trauern arabische und jüdische Bürgerinnen und Bürger heute gemeinsam. Und hoffen, dass sie die Gewalt nicht so entzweit, dass sie in Zukunft nicht mehr zusammenleben können.