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Grenze USA-Mexiko USA: Geflüchtete wollen einreisen, bevor Trump wiederkommt

Am Grenzort Nogales in Mexiko warten viele Menschen, um noch vor Trumps Amtsantritt legal einzureisen.

Die Grenzmauer verläuft mitten durch die Stadt Nogales. Die Industriestadt mit einer wichtigen Eisenbahnlinie für den Güterverkehr ist einer der grössten Handelsgrenzorte zwischen Mexiko und den USA. Migrantinnen und Migranten stranden hier meist unfreiwillig, so auch der Kolumbianer Humberto mit seiner Frau und seinen zwei Kindern. «Wir sind eine gute Familie und warten geduldig, um legal einreisen zu können», sagt er.

Ich lebte sehr gut, hatte einen guten Lohn, konnte auch etwas sparen und Dinge unternehmen, was letztlich die Aufmerksamkeit der bösen Jungs auf mich lenkte und mich zwang zu fliehen, um meine Familie zu retten.
Autor: Humberto Einreisewilliger in die USA

Um einen offiziellen Termin am Grenzübergang zu bekommen, kann man sich auf einer App der US-Behörde registrieren. Täglich werden maximal gut 1000 Termine vergeben, davon lediglich 20 bis 30 in Nogales.

Flucht, um die Familie zu schützen

Humberto und seine Familie hatten Glück. Sie fanden Unterschlupf in der einzigen Unterkunft der Stadt, in der man so lange bleiben darf, bis man einen der begehrten Termine bekommt. Jedes der über 100 Betten ist belegt. Sie sind reserviert für Familien, Frauen und Kinder.

Ein Mann steht auf einem Outdoor-Fitnessgerät
Legende: Humberto aus Kolumbien will mit seiner Familie legal in die USA einreisen. SRF/Barbara Colpi

Humberto sagt, er hätte nie gedacht, dass er eines Tages aus seiner Heimat fliehen und alles, was er erreicht hat, aufgeben müsse, um seine Familie zu schützen. «Ich arbeitete in Kolumbien als erfahrener Dieselmechaniker. Ich lebte sehr gut, hatte einen guten Lohn, konnte auch etwas sparen und Dinge unternehmen, was letztlich die Aufmerksamkeit der bösen Jungs auf mich lenkte und mich zwang zu fliehen, um meine Familie zu retten.»

Mehr Details will Humberto nicht verraten, auch nicht, wie genau er mit seiner Familie von Cali nach Mexiko-Stadt gereist ist. Der gefährlichste Teil der Reise sollte in Mexiko folgen, als alle in einem Güterzug nach Norden fahren wollten und entführt wurden.

Wir sind fünf Tage und vier Nächte durch die Wüste gegangen, ohne Wasser und ohne Essen, bis wir ein Dorf erreichten, von wo aus wir in diese Unterkunft gebracht wurden
Autor: Humberto Einreisewilliger in die USA

«Wir wurden an einer Haltestelle von Kriminellen abgefangen und fünf Tage lang festgehalten. Nachdem wir ein Lösegeld bezahlt hatten, konnten wir in Richtung Grenze weiterfahren. Plötzlich hielt der Zug mitten auf der Strecke an, einige Kubaner warnten uns, dass wir wieder entführt würden – und wir sprangen alle aus dem Zug. Wir sind fünf Tage und vier Nächte durch die Wüste gegangen, ohne Wasser und ohne Essen, bis wir ein Dorf erreichten, von wo aus wir in diese wunderbare Unterkunft gebracht wurden», erzählt Humberto.

Mindestens ein halbes Jahr warten

Die «Casa de la Misericordia y de Todas las Naciones» wird von Spenden getragen und von der ehemaligen Ordensschwester Angelica Macias Mejia geleitet. Lika, wie sie von allen genannt wird, gibt den Migrantinnen und Migranten viel Eigenverantwortung. Es sei wichtig, dass jede und jeder eine Aufgabe habe, sagt sie. Es gibt auch Lehrerinnen, eine Psychologin und eine Ärztin, die sich um die Migrantinnen und Migranten kümmern. Sechs bis neun Monate müssten sie auf einen Termin bei den Behörden am Grenzübergang warten, sagt Lika.

Eine ältere Frau mit grauen Haaren steht vor einem Haus
Legende: Die ehemalige Ordensschwester Angelica Macias Mejia führt eine Unterkunft für Geflüchtete in Nogales in Mexiko. SRF/Barbara Colpi

Humberto und seine Familie konnten noch einen der begehrten Termine ergattern. Dann wird an der Grenze ihr Asylverfahren eröffnet, Humberto und seine Familie dürfen in die USA einreisen und auf den nächsten Termin vor einem Migrationsgericht warten. Es kann mehrere Jahre dauern, bis über den Asylantrag entschieden wird.

Donald Trump hatte in seiner ersten Amtszeit ein Gesetz erlassen, nach dem Migrantinnen und Migranten in Mexiko auf eine Asylentscheidung warten mussten. Biden setzte dieses Gesetz aus und der Oberste Gerichtshof stützte im Sommer 2022 diesen Entscheid. Trump plant jedoch, eine ähnliche Bestimmung in leicht abgewandelter Form und unter bestimmten Bedingungen wieder einzuführen.

Rendez-vous, 15.1.2025, 12:30 Uhr

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