Direkter konnte es nicht mehr ausgesprochen werden, als dies der amerikanische Präsident in der vergangenen Woche vor dem US-Kongress tat: «Ich habe heute Abend eine wichtige Mitteilung an die tollen Menschen in Grönland: Wir heissen Euch in den Vereinigten Staaten willkommen», erklärte Donald Trump und fügte dann seinen Ausführungen mit süffisantem Unterton bei, dass die USA das Land im hohen Norden auf «die eine oder andere Art bekommen» würden.
Während diese bisher eindeutigste Ansage des amerikanischen Staatschefs zu den Ansprüchen auf Grönland selber kaum noch überraschte, zeigten sich viele Grönländerinnen und Grönländer über das höhnische Gelächter im Kongress zu dieser Aussage sehr verärgert. «Ich bin gegen einen Anschluss an die USA, Trump möchte sich doch nur an unseren Rohstoffen bereichern», sagt eine junge Studentin an der Nukker Handelshochschule zum öffentlich-rechtlichen grönländischen Radios KNR.
Nach neuesten Erkenntnissen könnten alleine die Vorkommen an Seltenen Erden in Grönland, den Weltbedarf für die nächsten 150 Jahre abdecken.
Zudem liegt das über zwei Millionen Quadratkilometer grosse Grönland sehr strategisch im Herzen der Arktis – und damit an den wichtigen sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Schnittstellen zwischen Nordamerika, Europa, Russland und China.
Kein Wunder, buhlen nun auch Vertreter der ehemaligen Kolonialmacht Dänemark vor den Wahlen am Dienstag verstärkt um die grönländische Gunst. So etwa der Arktis-Sprecher der konservativen Partei im dänischen Parlament, Rasmus Jarlov: «Ja ihr regiert Euch selbst, aber Ihr seid auch dänische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger – und somit Teil Dänemarks», hielt Jarlov in einer Videobotschaft fest, die es so vor einer grönländischen Wahl noch nie gegeben hat.
In Grönland selbst hält sich die Begeisterung über das grosse internationale Interesse in Grenzen, wie bei einer Demonstration vor dem Parlament in Nuuk vor wenigen Tagen deutlich wurde: «Wir sind keine Amerikaner, wir sind keine Dänen, wir sind Grönländer», erklärte Ministerpräsident Mute B Egede an der von traditionellen Trommelklängen umrahmten Veranstaltung.
Im aktuellen Wahlkampf sprachen sich sämtliche politischen Parteien für eine Fortsetzung der vor einem halben Jahrhundert begonnenen Entwicklung in Richtung Unabhängigkeit aus. Grosse Meinungsverschiedenheiten bestehen jedoch, wie schnell und zu welchen Bedingungen ein solcher Schritt vollzogen werden kann.
Zudem haben die zunehmend aggressiven Signale aus Washington und die nicht immer geschickten Gegenreaktionen aus Kopenhagen die grönländische Wählerschaft polarisiert, sagt Maria Ackrén, Professorin für Politik an der Universität Nuuk zu SRF.
«Für die künftige grönländische Regierung geht es nun vor allem darum, mit der Regierung in Dänemark bessere Bedingungen für die weitere Entwicklung des Landes auszuhandeln», betont Ackrén.
Zu solchen «besseren Bedingungen» gehören insbesondere mehr grönländische Kompetenzen bei der Nutzung der eigenen Rohstoffe wie der Fischerei und dem Bergbau, aber auch in Migrationsfragen. Denn möchte Grönland tatsächlich zu einem unabhängigen arktischen Staat werden, braucht es nicht nur mehr eigene Einnahmen, sondern vor allem auch viele neue Arbeitskräfte. Bislang macht die sehr restriktive dänische Migrationspolitik eine solche Zuwanderung fast unmöglich.
Nach den Wahlen vom Dienstag hoffen die Grönländerinnen und Grönländer auf offenere Ohren in Kopenhagen und einen gleichberechtigteren Austausch mit Washington.