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Grönland vor den Wahlen Unabhängigkeit ja – aber wann und wie?

Am 11. März wählen die Grönländerinnen und Grönländer ein neues Parlament. Das arktische Land unter dem Nordpol steht unter wachsendem Druck der Grossmächte, allen voran den USA und will sich gleichzeitig von der früheren Kolonialmacht Dänemark emanzipieren.

Direkter konnte es nicht mehr ausgesprochen werden, als dies der amerikanische Präsident in der vergangenen Woche vor dem US-Kongress tat: «Ich habe heute Abend eine wichtige Mitteilung an die tollen Menschen in Grönland: Wir heissen Euch in den Vereinigten Staaten willkommen», erklärte Donald Trump und fügte dann seinen Ausführungen mit süffisantem Unterton bei, dass die USA das Land im hohen Norden auf «die eine oder andere Art bekommen» würden.

Rotes Holzhaus mit schwarzem Dach in nebliger Landschaft.
Legende: Das US-amerikanische Konsulat in der grönländischen Hauptstadt wurde erst im Jahre 2020 eröffnet und dürfte unter der neuen US-Administration an Bedeutung gewinnen. SRF/Bruno Kaufmann

Während diese bisher eindeutigste Ansage des amerikanischen Staatschefs zu den Ansprüchen auf Grönland selber kaum noch überraschte, zeigten sich viele Grönländerinnen und Grönländer über das höhnische Gelächter im Kongress zu dieser Aussage sehr verärgert. «Ich bin gegen einen Anschluss an die USA, Trump möchte sich doch nur an unseren Rohstoffen bereichern», sagt eine junge Studentin an der Nukker Handelshochschule zum öffentlich-rechtlichen grönländischen Radios KNR.

Blick auf ein Dorf mit Bergen und Wasser im Vordergrund.
Legende: Im Kuannersuit Gebirge nördlich der südgrönländischen Hafenstadt Narsaq werden die weltgrössten Vorkommen an Seltenen Erden vermutet. SRF/Bruno Kaufmann

Nach neuesten Erkenntnissen könnten alleine die Vorkommen an Seltenen Erden in Grönland, den Weltbedarf für die nächsten 150 Jahre abdecken.

Zudem liegt das über zwei Millionen Quadratkilometer grosse Grönland sehr strategisch im Herzen der Arktis – und damit an den wichtigen sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Schnittstellen zwischen Nordamerika, Europa, Russland und China.

Kein Wunder, buhlen nun auch Vertreter der ehemaligen Kolonialmacht Dänemark vor den Wahlen am Dienstag verstärkt um die grönländische Gunst. So etwa der Arktis-Sprecher der konservativen Partei im dänischen Parlament, Rasmus Jarlov: «Ja ihr regiert Euch selbst, aber Ihr seid auch dänische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger – und somit Teil Dänemarks», hielt Jarlov in einer Videobotschaft fest, die es so vor einer grönländischen Wahl noch nie gegeben hat. 

In Grönland selbst hält sich die Begeisterung über das grosse internationale Interesse in Grenzen, wie bei einer Demonstration vor dem Parlament in Nuuk vor wenigen Tagen deutlich wurde: «Wir sind keine Amerikaner, wir sind keine Dänen, wir sind Grönländer», erklärte Ministerpräsident Mute B Egede an der von traditionellen Trommelklängen umrahmten Veranstaltung.

Wahlen in Grönland

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Seit 1979 wählen die grönländischen Stimmberechtigten ein eigenes Parlament, die 31 Sitze umfassende «Inatsisartut». Diese erlässt die Gesetze für die mit 2166 Mio. km2 grösste Insel der Welt.

Grönland gehört zur Dänischen «Reichsgemeinschaft», einer Art Commonwealth mit dem Dänischen König als Staatsoberhaupt, der auch noch die Färöer und eben Dänemark gehören. Die Aussen- und Sicherheitspolitik, ebenso wie Teile der Justiz, Aussenwirtschaft und Migrationspolitik werden bis heute durch das dänische Parlament in Dänemark, dem Folketing bestimmt, wo Grönland zwei Abgeordnete stellt.

Seit der Unterzeichnung und Ratifikation eines Selbstregierungsabkommens im Jahre 2009 hat Grönland das Recht, einseitig die staatliche Unabhängigkeit zu erklären. Auf Grönland leben heute knapp 57'000 Menschen, davon stammen etwa 90 Prozent von den indigenen Inuit ab. 

Im aktuellen Wahlkampf sprachen sich sämtliche politischen Parteien für eine Fortsetzung der vor einem halben Jahrhundert begonnenen Entwicklung in Richtung Unabhängigkeit aus. Grosse Meinungsverschiedenheiten bestehen jedoch, wie schnell und zu welchen Bedingungen ein solcher Schritt vollzogen werden kann. 

Drei grönländische Flaggen wehen im verschneiten Stadtzentrum.
Legende: Der Parlamentsplatz im Zentrum der grönländischen Hauptstadt Nuuk mit den gehissten «Erfalasorput», der Nationalflagge, welche die Mitternachtssonne und das Eis symbolisiert. SRF/Bruno Kaufmann

Zudem haben die zunehmend aggressiven Signale aus Washington und die nicht immer geschickten Gegenreaktionen aus Kopenhagen die grönländische Wählerschaft polarisiert, sagt Maria Ackrén, Professorin für Politik an der Universität Nuuk zu SRF.

«Für die künftige grönländische Regierung geht es nun vor allem darum, mit der Regierung in Dänemark bessere Bedingungen für die weitere Entwicklung des Landes auszuhandeln», betont Ackrén.

Karte mit Staatenansprüchen am Nordpol.
Legende: Grönland steht im Zentrum der Geopolitik. Die USA haben grosses Interesse an dem Land. Der US-Stützpunkt Pituffik (ehemals Thule Air Base) befindet sich etwa 120 km südwestlich von Qaanaaq. Keystone/Christian Sprang

Zu solchen «besseren Bedingungen» gehören insbesondere mehr grönländische Kompetenzen bei der Nutzung der eigenen Rohstoffe wie der Fischerei und dem Bergbau, aber auch in Migrationsfragen. Denn möchte Grönland tatsächlich zu einem unabhängigen arktischen Staat werden, braucht es nicht nur mehr eigene Einnahmen, sondern vor allem auch viele neue Arbeitskräfte. Bislang macht die sehr restriktive dänische Migrationspolitik eine solche Zuwanderung fast unmöglich.

Wahlplakate im Schnee vor bunten Häusern.
Legende: Am 11. März wählt Grönland das 31-köpfige Parlament neu. imago images/Ritzau Scanpix/Mads Claus Rasmussen

Nach den Wahlen vom Dienstag hoffen die Grönländerinnen und Grönländer auf offenere Ohren in Kopenhagen und einen gleichberechtigteren Austausch mit Washington.

Echo der Zeit, 9.3.2025, 18 Uhr

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