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Evangelikale Christen sind treibende Kraft für Abtreibungsverbot
Aus 10 vor 10 vom 13.06.2022.
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Grundsatzentscheid in den USA Evangelikale Christen sind treibende Kraft für Abtreibungsverbot

Evangelikale Christen kämpfen seit Jahrzehnten gegen Abtreibungen in den USA. Ihr Einfluss reichte bis in Weisse Haus.

Es ist ein Gottesdienst, der jeden Dorfpfarrer neidisch werden lassen könnte. Im riesigen Saal der First Baptist Kirche in Dallas stimmen Orchester und Chor die Gläubigen ein. Professionell produziert und live übertragen in Haushalte in Texas und darüber hinaus.

Es geht um klassische christliche Themen. Doch Pfarrer Robert Jeffress begnügt sich nicht mit biblischer Führung, sondern hat auch eine politische Mission, für ein striktes Abtreibungsverbot ab der Empfängnis: «Wir weisen unsere Leute an, dass sie Abtreibungsgegner wählen», sagt Jeffress offen.

Pfarrer Robert Jeffress mit Bibel neben dem Rednerpult
Legende: Pfarrer Robert Jeffress predigt christliche Themen wie Nächstenliebe. Aber er nimmt auch politischen Einfluss für ein striktes Abtreibungsverbot. Screenshot First Baptist Dallas

Den politischen Kampf gegen die Abtreibung sieht Jeffress als christliche Pflicht. Er schreckt nicht vor einem erschütternden, vermessenen Vergleich zurück: «Nur weil so viele Christen stumm blieben in Nazi-Deutschland, kam Adolf Hitler an die Macht.» Auf den Einwand, er vergleiche die Situation heute mit Nazi-Deutschland, antwortet er: «Ich glaube, Abtreibung ist der Holocaust der Ungeborenen. Wir sollten uns so unnachgiebig dagegen wehren, wie gegen den Horror im Nazi-Deutschland.»

Der Pfarrer von Donald Trump

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Legende: Einfluss bis ins Weisse Haus Pfarrer Robert Jeffress war Berater von Donald Trump. Screenshot CBS

Pfarrer Robert Jeffress war ein Berater von Ex-Präsident Donald Trump. Er trat auch im Weissen Haus auf. Die First Baptist Dallas ist eine sogenannte Megachurch – und eine der einflussreichsten Kirchen des Landes. Die Kirche hat eine nationale und internationale Radio und TV-Abteilung.

Der Campus im Zentrum von Dallas umfasst mehrere Gebäude an bester Lage. Sie bietet nicht nur Gottesdienste, sondern ein sogenanntes Schwangerschaftszentrum, Schulen, Wochenendausflüge und Ferienaktivitäten. Rund ein Drittel der Menschen in Amerika gelten als evangelikal.

Ein heiliger Kampf gegen Abtreibung wird geführt. Doch wie kam es dazu? Seit etwa 1900 gab es umfassende Abtreibungsverbote in den USA. Das änderte sich 1973 mit dem Urteil des höchsten Gerichts im Fall Roe v. Wade. Abtreibung war nun wieder weitgehend erlaubt. Die Historikerin Jennifer Holland sagt, führende evangelikale Pfarrer seien zunächst nicht gegen Abtreibungen gewesen. «In diesen Jahren gab es viele Führungspersonen, die sagten, die Bibel ist nicht klar. Aber evangelikale Aktivisten drängten darauf, diese Einstellung zu ändern.»

Auch der Gründer der First Baptist Dallas, Pfarrer Criswell, vertrat seinerzeit die Ansicht, das Leben beginne nach der Geburt. Er betonte das Wohl der Frau. Sein Nachfolger sieht das anders. «Das war vor 60 Jahren. Moderne Technologien erlauben uns zu sehen, dass das Baby im Mutterbauch kein Klecks ist, sondern ein menschliches Wesen.»

Evangelikale Christen waren eine Minderheit, aber sie wählten fast immer für Abtreibungsgegner. Das machte sie wertvoll für die Republikaner.
Autor: Jennifer Holland Historikerin

Der Kampf gegen Abtreibung wurde für evangelikale Christen immer mehr zum Kern ihres Glaubens. Holland erläutert: «Diese Bewegung schuf eine Wählerschaft, für die nur ein einziges politisches Thema zählte. Sie waren eine Minderheit, aber sie wählten fast immer für Abtreibungsgegner. Das machte sie wertvoll für die Republikaner.»

Republikaner und Evangelikale halfen sich

Ronald Reagan wurde Präsident, auch dank der Evangelikalen. Doch er enttäuschte sie – die Richterin, die er ernannte, schützte das Recht auf Abtreibung. «In den späten 1990er-Jahren haben die sozialkonservativen Anführer den Druck auf die republikanische Partei erhöht. Sie sagten, wir wollen nicht Teil einer Partei sein, in der auch einige Republikaner für Abtreibungsfreiheit sind», erklärt Holland. «Das führte dazu, dass im 21. Jahrhundert Parlamente in Teilstaaten massenhaft Gesetze gegen Abtreibung erliessen, und dass Leute wie Trump gewählt wurden, die es durchzogen.»

Angst bei Frauen vor Abtreibungsverbot

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Legende: «Nur sichere Abtreibungen werden gestoppt.» Junge Frauen, die nicht den evangelikalen Glauben teilen, sind wütend über die Abtreibungsgegner. SRF

Wir sprechen einige junge Frauen in Dallas an, was sie über ein Abtreibungsverbot denken. Eine Frau erzählt, sie habe wirklich Angst. Sie fürchte sich davor, schwanger zu sein und im Fall von schweren Komplikationen nicht abtreiben zu dürfen.

Eine junge Frau aus Kansas sagt: «Ich selber würde nicht abtreiben, möchte aber auch nicht andere Frauen verurteilen. Abtreibung sollte legal sein. Ein Verbot wird Abtreibungen nicht stoppen, es wird nur sichere Abtreibungen stoppen.» Ihre Kollegin redet sich in Rage: «Leute sagen, es ist Mord. Aber sehen sie all die Kinder, die ins Heim kommen, oder geschlagen werden?» Beide finden, es sei wichtig, dass Kinder in liebevolle Familien geboren werden, die sie willkommen heissen.

Trump trat persönlich in der Megachurch in Dallas auf. Evangelikale Christen hatten ihn gewählt. Er ernannte umgekehrt sozialkonservative Richterinnen und Richter für den Supreme Court. Viele Teilstaaten wie Texas haben bereits wieder strenge Abtreibungsverbote eingeführt.

Für Pfarrer Jeffress soll es auch keine Ausnahme geben vom Abtreibungsverbot nach einer Vergewaltigung oder Inzest. Er sagt, ein Ende von Roe v. Wade sei erst der Anfang im Kampf gegen die Abtreibung.

10vor10, 13.06.2022, 21:50 Uhr

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