Die Bilder von FBI-Beamten, die in Mar-A-Lago, der Residenz von Ex-Präsident Donald Trump, Kisten mit Akten abtransportieren, sorgten vor einem Monat für viel Wirbel in den USA. Unter den Akten – so erfuhr die Öffentlichkeit bald darauf – befanden sich auch Dokumente, die als vertraulich oder sogar streng geheim klassifiziert sind.
Der Vorwurf steht im Raum, dass der Ex-Präsident geheime Unterlagen unrechtmässig aus dem Weissen Haus mitgenommen und ungesichert in seiner privaten Residenz in Florida aufbewahrte. Donald Trump hingegen bezeichnet die Hausdurchsuchung als ungerechtfertigt und politisch motiviert.
Ungewöhnliches Vorgehen
In den letzten vier Wochen sind immer neue Details zum Fall bekannt geworden. Das öffentliche Interesse an der Hausdurchsuchung bei Donald Trump ist riesig, und ebenso gross ist der Druck auf das Justizministerium mit US-Justizminister Merrick Garland, der die Durchsuchung angeordnet hat. Deshalb ist inzwischen nicht nur der Durchsuchungsbefehl veröffentlicht worden, sondern auch die Begründung, auf der er basierte. Auch eine detaillierte Liste mit dem beschlagnahmten Material und weitere Gerichtsakten wurden publik gemacht. Ein höchst ungewöhnliches Vorgehen bei einem laufenden Verfahren.
Bradley P. Moss ist Staatsanwalt in Washington D.C. und spezialisiert auf nationale Sicherheit. Er hat sämtliches Material genau analysiert. In der Öffentlichkeit wird vor allem über den möglichen Inhalt der geheimen Dokumente spekuliert. Bradley P. Moss sagt jedoch, juristisch gesehen sei er überzeugt, dass es nie zu einer grossangelegten Strafuntersuchung gekommen wäre, wenn Donald Trump zwar unsachgemäss mit geheimen Dokumenten umgegangen wäre, diese jedoch zurückgegeben hätte.
Was Donald Trump und sein Anwaltsteam jedoch vor grössere Probleme stelle, und zu einer Anklage führen könnte, seien Hinweise auf Jusitzbehinderung.
Behinderung Ermittlungen FBI
Wie die Ermittlungen des FBI behindert wurden, wird in den veröffentlichten Gerichtsakten ersichtlich. Bradley P. Moss erläutert, dass die Verantwortlichen des Nationalarchivs seit über einem Jahr bemüht waren, Dokumente zurückzubekommen, die Donald Trump nach seiner Amtszeit nach Florida mitgenommen hatte: «Als sich in der ersten zurückgegebenen Ladung als geheim eingestufte Dokumente befanden, wurde das FBI eingeschaltet. Dieses erwirkte eine gerichtliche Vorladung, die Trump aufforderte, falls noch mehr Dokumente illegalerweise in seinem Besitz wären, diese umgehend ebenfalls zurückzugeben. Nach monatelangem Ringen hat Trump im Juni weitere Dokumente herausgerückt und mit seiner Anwältin versichert, keine weiteren Geheimdokumente in seinem Anwesen zu haben».
Seit der Hausdurchsuchung weiss man, dass dies nicht stimmte. Das FBI hat Tausende weiterer Dokumente beschlagnahmt, die zum Teil in einem speziellen Lagerraum aufbewahrt waren, zum Teil aber auch im Büro von Donald Trump. Diese verschiedenen Standorte deuteten gemäss Rechtsanwalt Bradley P. Moss ebenfalls auf Justizbehinderung hin.
Das Verhalten von Trump und seinem Anwaltsteam hat für Rechtsanwalt Bradley P. Moss folglich die höhere juristische Sprengkraft, als der mögliche Verstoss gegen das Spionagegesetz, weil Donald Trump unsachgemäss mit als geheim eingestuften Dokumenten umgegangen ist.
Anklage?
Ob es tatsächlich je zu einer Anklage kommen wird, darüber sind sich Rechtsexperten uneinig. Staatsanwalt Bradley P. Moss glaubt ja. So weit ist es aber noch lange nicht. Donald Trump konnte gerichtlich erzwingen, dass eine unabhängige Person die Dokumente zusätzlich sichten muss, und die Untersuchungen des Justizministeriums vorerst auf Eis gelegt sind. Brisanterweise wurde die zuständige Richterin vor zwei Jahren von Donald Trump eingesetzt.
Das Justizministerium hat Berufung eingelegt und Rechtsanwalt Bradley P. Moss sieht gute Chancen, dass es recht bekommt. So oder so zieht sich die Strafuntersuchung dahin.