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Israels rechtsextremer Sicherheitsminister besucht erneut den Tempelberg
Aus SRF 4 News aktuell vom 30.08.2024. Bild: Keystone/AP/Ohad Zwigenberg
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Heiliger Ort in Jerusalem Tempelberg: Israelische Minister erzürnen Muslime und Rabbiner

Mit ihren Besuchen auf dem Tempelberg von Jerusalem provozieren die Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich gläubige Muslime. Aber auch orthodoxe Rabbiner sind empört.

Nicht zum ersten Mal provozieren Nationalreligiöse mit Besuchen auf dem Tempelberg. Nun beten und singen sie sogar vor Social-Media-Kameras. Dabei ist ihnen Beten dort von Staates wegen verboten. Das israelische Oberrabbinat verurteilt Tempelberg-Besuche. Und in Jerusalem protestieren fünf Senior-Rabbiner mit Zeitungsartikeln und Videobotschaften. Sie distanzieren sich von den sogenannt «Nationalreligiösen», denn: wahrhaft religiöse Juden würden nicht auf den Tempelberg gehen.

«Status Quo» auf dem Tempelberg

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Nach der Eroberung Jerusalems durch israelische Truppen 1967 gilt der sogenannte «Status Quo» auf dem Tempelberg:

Nur muslimische Gläubige dürfen auf dem Tempelberg beten. Nicht-Muslimen ist der (touristische) Besuch mit Einschränkungen erlaubt. Das 14 Hektar grosse Areal auf dem Tempelberg wird von der muslimischen Waqf-Behörde verwaltet. Sicherheit, Zugänge und Ordnung sollen israelische Beamte garantieren. Jüdische Gläubige dürfen unten an der Westmauer des Tempels («Klagemauer») beten.

«Juden gehen nicht auf den Tempelberg», sagt Jitzchak Josef, ehemaliger sephardischer Oberrabbiner Israels. Nach jüdischer Tradition sei allein schon das Betreten des heiligen Bezirks oben auf dem Tempelberg ein Frevel. Jüdische Menschen sollten da überhaupt nicht hinauf, betonen sie im Video. Sie sind sehr aufgebracht.

Zum Tempelberg

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Die Bibel nennt König Salomo als Erbauer des ersten jüdischen Tempels in Jerusalem vor 3000 Jahren. König Herodes (ab 21 v.d.Zt.) machte diesen Tempel zum Monumentalbau. Dieser «Zweite Tempel» galt als Weltwunder. Vieles davon ist bis heute sichtbar, etwa die Westmauer («Klagemauer»).

Jüdinnen und Juden kamen an Wallfahrtsfesten aus dem ganzen Land zum Tempel hinauf. Er war der einzige jüdische Tempel, das «Haus Gottes». Die Römer zerstörten ihn im Jahr 70 und vertrieben das jüdische Volk. Der Tempel und Jerusalem bleiben in täglichen Gebeten lebendig. Nach jüdischer Tradition habe Gott von hier aus die Welt erschaffen. Durch Jesus und die Bibel ist der Tempelberg auch im späteren Christentum wichtig.

Der Tempelberg heisst arabisch al-haram asch-scharif. Er ist nach Mekka und Medina die drittheiligste Stätte für Musliminnen und Muslime. Die Al-Aksa-Moschee ist die drittwichtigste Moschee des Islam. Der Felsendom aus dem 8. Jahrhundert ist eines der schönsten Bauwerke der Spätantike. Er umgibt jenen Fels, von dem aus der Prophet Mohammed seine Himmelsreise angetreten haben soll. Auf diesem Stein soll jüdischer Tradition nach schon Abraham geopfert haben.

Alle drei Religionen knüpfen auch messianische, endzeitliche Hoffnungen an diesen Ort. Das macht den Tempelberg seit Jahrtausenden zum Kulminationspunkt religiöser wie auch politischer Hoffnungen, aber auch Konflikte.

Der israelische Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir hört nicht auf sie: Er begleitete nationalreligiöse Siedler auf den Tempelberg, die dort beten, singen, laut skandieren und sich dabei öffentlichkeitswirksam filmen lassen.

Finanzminister Bezalel Smotrich von der rechtsextremen Siedlerpartei Partei Otzma Jehudit («Jüdische Kraft») ging auch mit. Smotrich nennt sich selbst einen «homophoben Faschisten». Für ihn existiert das palästinensische Volk gar nicht als Volk.

Ben-Gvir zeigt keine Einsicht

Mit ihren Tempelberg-Besuchen postulieren extremistische Nationalreligiöse ihren Anspruch auf den Tempelberg und auf das ganze Land. Nach internationalen Protesten lenkt Minister Ben-Gvir nicht etwa ein. Er fordert jetzt sogar, dass Juden künftig immer auf dem Tempelberg gehen und beten können sollen. Das widerspricht erst recht dem besagten Status Quo und dem jüdischen Religionsgesetz.

Mehrere Männer vor dem Felsendom.
Legende: Der israelische Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir besucht den Tempelberg in der Altstadt Jerusalems. Reuters/Temple Mount Administration (13.08.2024)

Ein religiöses Bedürfnis kann Beten auf dem Tempelberg also nicht sein. Das stellten die fünf führenden Rabbiner Jerusalems klar. Fromme Menschen warten, bis der Messias kommt und den Tempel wiederherstellt. Das Rabbiner-Video ist erstmals arabisch untertitelt. Denn es enthält auch eine Friedensbotschaft an die arabischen Nachbarn.

Die Welt solle nicht meinen, dass diese Minister das jüdische Volk repräsentierten. Im Gegenteil, das jüdische Volk solle sich nicht von diesen Ministern – gemeint sind Ben-Gvir und Smotrich – führen lassen.

Eine Koalition mit «Sündern»?

Zwar orientieren sich die Nationalreligiösen offenbar nicht an den orthodoxen Autoritäten. Aber ihr Appell könnte von den frommen Führern der ultraorthodoxen Parteien (Schas und Vereinigtes Tora-Judentum) gehört werden. Die ultraorthodoxen Regierungsparteien müssen sich daher fragen, ob sie in einer Regierungskoalition mit «Sündern» bleiben können. Gingen sie raus aus Netanjahus Kabinett, wäre die Regierung zerfallen. Neuwahlen kämen.

„Das Bild zeigt den Felsendom in Jerusalem bei Sonnenaufgang, umgeben von Menschen und Vögeln am Himmel.“
Legende: Mit dem Besuch auf dem Tempelberg provozieren Ben-Gvir und Smotrich – selbst orthodoxe Juden kritisieren diesen Schritt scharf. Reuters/Ammar Awad (10.04.2024)

Die Rabbiner haben überdies verstanden, wie aggressiv die Tempelberg-Besuche nationalistischer Siedler auf muslimische Gläubige und arabische Nachbarn wirken. Von dieser Gewalt wollen sich die orthodoxen Rabbiner mit ihren Schulen abgrenzen. Abschliessend reicht Rabbiner Jitzchak Josef den Muslimen gleichsam die Hand und versichert: «Wer an den einen Gott glaubt, will Frieden.»

Krieg im Nahen Osten

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Die Konflikte in Israel, im Westjordanland, im Gazastreifen und in Libanon halten an. Hier finden Sie alle unsere Inhalte zum Krieg im Nahen Osten.

SRF 4 News, 30.08.2024, 08:52 Uhr

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