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Yossi Ben Ari: Keine Hoffnung für Israel?
Aus Rendez-vous vom 17.06.2024. Bild: Keystone/ABIR SULTAN
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Hoffnung für Israel «Der 7. Oktober hat mich zu einem anderen Menschen gemacht»

Eine Mehrheit der Israeli blickt pessimistisch in die Zukunft. So auch der treue Staatsdiener Yossi Ben Ari.

Wenn sich einer wie Yossi Ben Ari in Israel nicht mehr sicher fühlt, ist das ein Alarmzeichen. Der 75-jährige Ex-Brigadier hat als Experte ein Berufsleben lang für die nationale Sicherheit gearbeitet. Von Israels Stärke war er immer felsenfest überzeugt. Bis zum Angriff der Hamas im letzten Herbst.

Der 7. Oktober hat mich zu einem anderen Menschen gemacht. Ich bin mir seither nicht mehr so sicher, ob unser Staat überleben kann.
Autor: Yossi Ben Ari Ex-Brigadier

Heute hinterfragt Yossi Ben Ari als Kolumnist diese Sicherheit. «Der 7. Oktober hat mich zu einem anderen Menschen gemacht. Ich bin mir seither nicht mehr so sicher, ob unser Staat überleben kann. Ich fühle mich an die 30er-Jahre des letzten Jahrhunderts erinnert. Werden meine Kinder und Enkel hier so sicher sein, wie ich es war?»

Yossi Ben Ari hat sechs Kinder und zehn Grosskinder. Sein ältester Enkel ist in wenigen Monaten militärdienstpflichtig. Sein jüngster wurde am 10. Oktober 2023 im Süden Israels geboren, wo die Hamas drei Tage nach ihrem Angriff die Stadt Sderot noch immer terrorisierte. Nach der Geburt holte er seinen Enkel und dessen Eltern zu ihm nach Kfar Saba bei Tel Aviv.

Yossi Ben Ari ist der Sohn Holocaust-Überlebender. Er kämpfte 1973 im Jom-Kippur-Krieg. Während des Palästinenseraufstandes der späten 1980er-Jahre war er beim militärischen Geheimdienst, lernte Gaza und die damals neu gegründete Hamas kennen. Weder seine Eltern – welche die Kriege der Gründungszeit Israels erlebten – noch er selbst hätten sich in Israel je so unsicher gefühlt wie jetzt.

Ich habe meiner Tochter gesagt: Überleg dir lieber, in Europa zu bleiben, ja sogar in Deutschland.
Autor: Yossi Ben Ari Ex-Brigadier

Yossi Ben Ari sagt, er werde Israel nie verlassen. Aber seiner jüngsten Tochter, die in Europa als Ärztin arbeitet und dort noch studiert, hat er etwas anderes geraten: «Ich habe ihr gesagt: Überleg dir lieber, in Europa zu bleiben, ja sogar in Deutschland. Wenigstens für ein paar Jahre.» Sie habe aber entschieden, mit ihrer Familie nach Israel zurückzukehren.

Der Sicherheitsexperte ist überzeugt, dass es ohne Plan für die Zeit nach dem Krieg keinen Sieg gegen die terroristische Hamas gibt: «Selbst, wenn wir die Hamas komplett bezwingen würden: Islamistische Extremisten würden sie wieder aufbauen. Oder eine neue mörderische Organisation gründen.»

Der pensionierte Militärgeheimdienst-Offizier plädiert schon lange für eine Zweistaatenlösung, und er ist für den US-Plan für eine Waffenruhe im Gazastreifen. Die grösste Bedrohung für die Zukunft Israels komme im Moment von innen: «Unsere Demokratie wankt, und wir haben eine Regierung, die gegen die Interessen des Landes handelt.»

Yossi Ben Ari sitzt in einem Sessel und lächelt in die Kamera.
Legende: Neben dem Krieg in Gaza droht Israel ein Krieg mit Libanon. Ohne internationale Hilfe bei der Suche nach einer langfristigen Friedenslösung komme Israel nicht weiter, ist Yossi Ben Ari überzeugt. zVg

Laut Meinungsumfragen will eine Mehrheit der Bevölkerung Premier Benjamin Netanjahu nicht mehr. Internationale Kritik an ihm ist jedoch verhalten. Vor allem im Westen, wo Israel-Kritik schnell einmal als antisemitisch gilt. Yossi Ben Ari sagt dazu: «Es ist fast unmöglich, zwischen Regierung und Volk zu unterscheiden. Aber im Zweifelsfall sollte man auf die Menschen hören und fragen, was sie denn möchten.»

Bevölkerung gespalten

Das ist einfacher gesagt als getan. Laut Umfragen des Israel Democracy Institute der letzten Monate will eine Mehrheit zwar Netanjahus Rücktritt, beim weiteren Vorgehen ist die Bevölkerung gespalten.

Wir brauchen einen ersten Schritt. Den wagt Herr Netanjahu aus Rücksicht auf seine extremen Koalitionspartner nicht. Wir stecken fest.
Autor: Yossi Ben Ari Ex-Brigadier

Eine Mehrheit will die Hamas im Gazastreifen auslöschen – gleichzeitig glaubt nur eine Minderheit, dass damit das Terrorismus-Problem gelöst wäre. Eine Zweistaatenlösung kommt für die meisten jüdischen Israeli aber auch nicht infrage. Für Yossi Ben Ari führt kein Weg daran vorbei: «Wir brauchen einen ersten Schritt. Den wagt Herr Netanjahu aus Rücksicht auf seine extremen Koalitionspartner nicht. Wir stecken fest.»

Krieg im Nahen Osten

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Rendez-vous, 17.07.2024, 12:30 Uhr

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