Im Budget für 2023 könnte ein Fehlbetrag zwischen 500 und 700 Millionen Franken entstehen, warnte der Generaldirektor des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK), Robert Mardini, in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der Zeitung «Le Temps».
Dies entspricht etwa einem Viertel des eingeplanten Jahresbudgets in der Höhe von 2.79 Milliarden Franken. «Wenn sich das bestätigt, dann werden wir nicht die Mittel haben, um Menschen in schwer zugänglichen Regionen zu helfen – dort aber ist unsere Präsenz am wichtigsten», sagte Mardini.
Der Ukraine-Krieg zieht die internationale Aufmerksamkeit auf sich, sodass an anderer Stelle internationale Hilfsmittel fehlen. Aber auch eine allgemeine Spendenmüdigkeit angesichts der Vielzahl von Krisen weltweit sowie die Inflation werden als Gründe für ausbleibende Mittel genannt. «Es ist offensichtlich, dass es insgesamt weniger humanitäre Spenden gibt», sagte Mardini dem Sender RTS. «Diese Tendenz verstärkt sich nun mit dem Ukraine-Krieg.»
Nach Angaben des IKRK erreicht in diesem Jahr von den zehn grössten humanitären Einsätzen der Organisation allein die Mission in der Ukraine ihr volles Budget. Die Einsätze in Afghanistan, der Demokratischen Republik Kongo, in Äthiopien, in Irak, in Nigeria, in Somalia, in Südsudan und im Jemen hingegen werden in 2023 mit weniger Geld als geplant auskommen müssen.
«Die nächsten Monate werden entscheidend sein», sagte Mardini. «Wenn die Geber nicht zulegen, werden wir unsere Ziele herunterschrauben müssen.»
Das klamme Portemonnaie könnte auch Auswirkungen haben auf die Arbeitsplätze im Schweizer Hauptquartier. «Im Moment ist nichts ausgeschlossen», sagte Mardini. «Unser Ziel ist es, unsere Mitarbeiter und unsere Programme zu erhalten. Aus diesem Grund schlagen wir so früh im Jahr Alarm. Je nachdem, wie unsere Spender reagieren, werden wir tun, was wir tun müssen, um ein finanzielles Gleichgewicht zu gewährleisten.»