Die Migration steht auf dem Sorgenbarometer der Britinnen und Briten stets ganz weit oben. Besonders die Menschen, die in kleinen Booten täglich über den Ärmelkanal an der englischen Küste anlanden, bewegen die Gemüter auf der Insel.
Premierminister Keir Starmer versprach im Wahlkampf, das Problem zu lösen – aber anders als sein konservativer Vorgänger Rishi Sunak. Dessen Millionen teures Projekt, irreguläre Migrantinnen und Migranten aus Syrien, Afghanistan oder Albanien nach Ruanda auszuschaffen, hat Starmer bereits in seiner ersten Amtswoche gekippt.
Ich will erfahren, was Italien anders und besser macht.
Doch umso überraschter sind viele jetzt, dass sich Starmer im Rahmen eines offiziellen Amtsbesuchs ausgerechnet Inspiration von seiner rechtskonservativen Amtskollegin Giorgia Meloni in Rom erhofft. «Ich will erfahren, was Italien anders und besser macht», erklärte er mitgereisten Journalistinnen und Journalisten.
Italien plant Abklärungszentren in Albanien
Besonders interessiert sich Starmer für ein Abkommen, das die italienische Regierung unlängst mit Albanien unterzeichnet hat. Es unterscheidet sich wesentlich vom Ruanda-Deal der Briten. Bei diesem wären Leute, die irregulär an der englischen Küste anlanden, direkt nach Afrika ausgeschafft worden.
Rom will dagegen in Albanien Aufnahmezentren einrichten, wo Asylanträge von Menschen, die in Booten auf dem Mittelmeer aufgegriffen werden, geprüft würden. Diese Prüfung soll in Albanien von italienischen Beamtinnen und Beamten durchgeführt werden.
Wer die Aufnahmekriterien erfüllt, könnte nach Italien weiterreisen. Wer dagegen aus einem sicheren Land kommt, soll in dieses zurückgeschafft werden.
Es gibt Stimmen, die schon lange ähnliche Aufnahmezentren der britischen Regierung an der französischen Küste fordern. Damit würde vielen die gefährliche Fahrt über den Ärmelkanal erspart.
Viele Labour-Wähler sind irritiert
Doch selbst wenn sich das Abkommen der Italiener mit Albanien wesentlich vom gescheiterten Ruanda-Ausschaffungsvorhaben unterscheidet und erst auf dem Papier funktioniert, ist es vielen Labour-Wählerinnen und -wählern ein Dorn im Auge.
Und dass der ehemalige Menschenrechtsanwalt Starmer bei der Rechtspopulistin Meloni migrationspolitischen Stützunterricht nimmt, wird in linken Medien kritisch kommentiert. Doch Starmer ist ein Realpolitiker.
Starmer und Meloni kommen politisch zwar aus diametral verschiedenen Richtungen: Während der Brite seine Karriere bei den Jungsozialisten begann, machte die Italienerin ihre ersten politischen Schritte in einer neofaschistischen Partei.
Doch heute sind beide mit der gleichen globalen Herausforderung konfrontiert, die ein Land allein weder lösen noch aus der Welt schaffen kann.