«Die USA sind ein Leuchtturm in meinem Herzen.» Ein Leuchtturm der Freiheit. Das sagt CP am Telefon. Der gelernte Coiffeur und Unternehmer aus einer chinesischen Grossstadt probiert gerade, mit seinem Kind von Ecuador aus bis in die USA zu kommen. Er will anonym bleiben, denn er hat Angst, dass zurückgebliebene Familienangehörige in China Probleme erhalten könnten.
Kind, Religion, Regierung, Wirtschaft
Sein Kind sei ein Hauptgrund, wieso er sich diesen Frühling auf den mühsamen Weg gemacht habe. Er habe mit der Regierung geschäftet, dabei habe es Probleme gegeben. CP befürchtet, in China würde das auf sein Kind zurückfallen. Das will er nicht.
Auch wenn es jetzt sehr schwierig ist, habe ich tief im Inneren Hoffnung.
Andere, die von China illegal in die USA einwandern wollen oder dies bereits gemacht haben, sagen, dass die schlechte Wirtschaft sie vertrieben habe. Weitere fühlten sich bedroht wegen ihres Glaubens, oder sie hadern mit der politischen Führung des Landes.
«Reisetipps» auf Social Media
Die Reise in die USA ist kompliziert. Immer wieder muss CP neue Wege finden, deshalb sei er via Ägypten nach Ecuador geflogen. «Wir wurden zweimal von der Airline am Boarding gehindert. Ich habe eine Menge Geld verloren. Ich mache mir Sorgen, dass mein Plan nicht aufgeht und ich zurückgehen muss. Auch wenn es jetzt sehr schwierig ist, habe ich tief im Inneren Hoffnung.»
Ratschläge für die Route findet CP in den sozialen Medien und in einschlägigen Telegram-Kanälen. Konstant informieren Reisende, welche Wege gerade versperrt sind und wie und wo jemand dem Ziel näher gekommen ist.
Der Tod hat meine Schultern berührt. Ich möchte weinen.
Peking hat unlängst darauf reagiert, dass auf den chinesischen sozialen Medien Ratschläge verbreitet werden, wie man illegal in die USA kommt. Entsprechende Posts und Suchbegriffe werden nun konsequent zensuriert.
Eine Woche nach dem Telefonanruf schickt CP eine Telegram-Nachricht aus Panama. «Der Tod hat meine Schultern berührt. Ich möchte weinen.» Ein Boot hinter seinem sei gekentert. Viele Kinder seien drin gewesen. Wie viele gestorben sind, wisse er nicht.
Immer wieder gibt es Opfer auf der bekannten Migrationsroute, auf der vor allem Südamerikanerinnen und Zentralamerikaner unterwegs sind.
Zahl der illegalen Migranten aus China wächst
Die Gruppe von Chinesinnen und Chinesen ist im Verhältnis dazu klein. Aber die Zahlen sind massiv hochgeschossen. Die 37'000 illegalen Grenzübertritte im vergangenen Jahr sind mehr als in den vorangehenden zehn Jahren zusammengezählt. Besonders nachdem China im Sommer 2022 die Rückführungskooperation mit den USA vorläufig auf Eis gelegt hat, sind die Zahlen gestiegen.
CP, der sein Haus verkaufte, um die Reise zu finanzieren, schickt weitere Updates. Costa Rica, Nicaragua, Honduras – es geht schnell vorwärts. Bis er im Süden Mexikos ankommt. Dann gibt es Probleme. Er schreibt von korrupten Polizisten und Banden, die einen erpressen. «Es wird immer schwieriger, durch Mexiko zu reisen.»
Ob CP sein Ziel erreicht hat? Die Nachfragen im Telegram-Chat bleiben wochenlang ungelesen.