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Russlands Ehrgeiz in Sachen Corona-Impfstoff
Aus Echo der Zeit vom 14.07.2020. Bild: Imago
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Impfstoff gegen Covid-19 Russen hoffen auf Corona-Impfung ab August

Putin tritt aufs Gas für einen «vaterländischen Impfstoff». Es wäre ein Prestige-Erfolg für die Forschungsgrossmacht.

«Die Tests des vaterländischen Impfstoffs haben eine neue Stufe erreicht», meldet das russische Staatsfernsehen in den Abendnachrichten. Im Beitrag dann ein Soldat, der als «Freiwilliger» soeben eine Dosis einer durchsichtigen Flüssigkeit verabreicht bekommen hat. «Ich fühle mich gut», sagt er. Und die Journalistin erklärt, dass – wenn alles gut geht – Russland bald einen eigenen Impfstoff gegen Covid-19 habe.

Produktion ab September

Der Optimismus des Senders passt zur Stimmung, die auch Offizielle verbreiten. Vize-Premierministerin Tatjana Golikova kündigte an, dass bereits ab September die industrielle Herstellung eines russischen Präparats beginnen soll. Moskaus Stadtpräsident Sergej Sobjanin will noch in diesem Jahr eine breite Impfkampagne starten.

Die russischen Hoffnungen beruhen vor allem auf zwei staatlichen Instituten, eines in Sibirien, das andere in Moskau. Beide Institutionen arbeiten eng mit der Armee zusammen – und greifen zuweilen auch zu unorthodoxen Methoden.

Verwandte als Versuchspersonen

«Wir testen den Impfstoff an uns selber und an unseren Verwandten», erklärte etwa Alexander Ginsburg, der Direktor des Moskauer Forschungsinstituts im Mai. Und erst kürzlich verkündete er, das Produkt seines Instituts könne schon in wenigen Wochen an Zivilisten abgegeben werden.

Hohes Tempo, massives staatliches Engagement und eine enge Einbindung militärischer Strukturen: Das sind die prägenden Merkmale des russischen Impfstoff-Programms. Der Druck kommt auch aus dem Kreml. Für Präsident Putin wäre eine baldige Zulassung eines russischen Impfstoffs nicht nur gut, weil dies die wirtschaftlichen Folgen der Epidemie abmildern würde. Es wäre auch ein Prestige-Erfolg für Russland als Forschungsgrossmacht.

«Verrückter Wettlauf» unter Forschern

An dem Vorgehen gibt es aber auch Kritik. Die russische Vereinigung klinischer Forschungsorganisationen etwa beklagte bereits im Mai «völlig unrealistische Vorgaben». Unter Forschern sei ein «verrückter Wettlauf» ausgebrochen, um der Staatsmacht zu gefallen, heisst es in einem offenen Brief.

Präsident Putin hat in einer Rede versucht, solche Bedenken zu zerstreuen. «Wir alle wünschen uns, dass eine Impfung so schnell wie möglich verfügbar ist. Aber wir müssen erst ganz sicher sein, dass ein solches Präparat wirklich wirkt, und dass es ungefährlich ist für die Gesundheit.»

«So optimistisch sind die meisten Fachleute nicht»

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Es gibt kaum öffentliche Informationen über den Stand der russischen Impfstoffsuche, wobei das im Westen nicht anders ist, wie Wissenschaftsredaktor Christian von Burg erklärt: Gemäss WHO sind über 150 Wirkstoffe in der Pipeline, die getestet werden. Drei Unternehmen beginnen jetzt mit der letzten Studienphase, wo die Wirksamkeit an Zehntausenden erprobt wird.

China und Europa haben laut von Burg zunehmend das Problem, dass sie vergleichsweise nur noch wenige Fälle haben. Denn Tausende Geimpfte müssen einer Vergleichsgruppe von Ungeimpften gegenübergestellt werden können. Deshalb sucht China auch in Brasilien Testpersonen.

Noch ist laut von Burg viel unklar bei Covid-19, auch wegen der zeitlich teils begrenzten Nachweisbarkeit von Antikörpern. Mit dem Wettrennen wachse aber die Chance, das einige schneller ans Ziel kämen. So optimistisch wie Putin und Trump seien die meisten Fachleute aber nicht. «Ein wirksamer Impfstoff Mitte 2021 wäre für die Experten schon sehr schnell», so von Burg.

Echo der Zeit vom 14.7.2020

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