Am heutigen EU-Gipfel geht es natürlich um die Corona-Pandemie und den fehlenden Impfstoff. Um dessen Verteilung ist ein Streit ausgebrochen, bei dem sich der österreichische Kanzler besonders hervorgetan hat.
Sebastian Kurz attackierte dieser Tage die EU und nannte die Impfstoff-Verteilung ungerecht. Bei der EU ist man befremdet.
«Gleich und gleicher»
«Basar-Methoden» und geheime Absprachen wollte Sebastian Kurz bei der EU beobachtet haben. So erklärte er sich, dass die Belieferung mit Impfdosen so unterschiedlich abgelaufen ist. Es gebe hier «gleich und gleicher» bei der gemeinsamen Aktion, sagte Kurz im ORF.
«Glauben Sie ernsthaft, dass die Europäische Union ein Interesse daran haben kann, dass Malta seine Bevölkerung im Mai durchgeimpft hat und Bulgarien im September? Das kann ja nicht der europäischen Solidarität und der Idee des gemeinsamen Impfens entsprechen», sagte Kurz im ORF.
Bulgarien liess sich diese Schützenhilfe aus Wien, kurz vor Parlamentswahlen, gerne gefallen. Es unterstützte einen Brief von Kurz an die EU ebenso wie Tschechien, Slowenien, Kroatien und Lettland.
Auf das falsche Pferd gesetzt
Dass nicht alle Staaten im Verhältnis zur Bevölkerung gleich viel Impfstoff bekamen, entspricht aber den Regeln. Es war den Staaten freigestellt, die Kontingente nicht auszuschöpfen und den Mix der Impfstoffe frei zu wählen. Wer also, wie Österreich und Bulgarien, auf das günstige Astra-Zeneca-Vakzin setzte, hatte Pech.
Kurz warnt auf der grossen Bühne vor einer Spaltung der EU, die er mit seinem Aktionismus in eigener Sache nicht eben mindert. Auch seine Reise nach Israel mit der dänischen Regierungschefin war nun nicht die klassische europäische Solidaritätsgeste. Und als Teil der «Selbsternannten Vier» war das Ziel des Kanzlers einst, dem Süden weniger Corona-Hilfen zuzugestehen.
Zustimmungswerte sinken
Nun rätseln österreichische Medien, weshalb Sebastian Kurz sich so auffällig trotzig gibt. Und sie brauchen für mögliche Antworten nicht über Österreich hinauszuschauen.
Dort wehrt sich der Finanzminister und Parteikollege von Kurz gerade gegen den Verdacht auf Korruption, die Wirtschaftsdaten sind besonders schlecht, die Infektionszahlen steigen und die Zustimmungswerte des Kanzlers und seiner ÖVP sinken. Kanzler Sebastian Kurz sucht den Applaus nicht in Brüssel.