Die beiden Gesuchten, Chérif und Said K., hätten «seit Jahren» auf den Überwachungslisten der USA gestanden, sagte ein US-Vertreter, der anonym bleiben wollte. Die Brüder seien dort als Terrorverdächtige geführt worden. Den Männern war es überdies verboten, in die USA zu fliegen.
«Ein paar Monate» im Jemen
Die «New York Times» berichtet unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten US-Regierungsvertreter, dass einer der Männer, Said K., im Jahr 2011 «ein paar Monate» im Jemen verbracht habe. Er habe dort von Mitgliedern des dortigen Ablegers des Terrornetzwerks Al-Kaida unter anderem Schiesstraining erhalten.
Die Brüder sind die Hauptverdächtigen des schweren Anschlags auf die französische Satire-Zeitung «Charlie Hebdo» vom Mittwoch mit zwölf Toten. Das Magazin ist unter anderem für seine Mohammed-Karikaturen bekannt.
Keine Hinweise auf Auftrag
US-Geheimdienste untersuchen laut «New York Times», ob der Al-Kaida-Ableger den Anschlag von Paris ausdrücklich angeordnet haben könnte. Bislang gebe es aber keine Hinweise, dass die beiden Attentäter einen solchen Auftrag bekommen hätten oder einer Al-Kaida-Zelle in Frankreich angehörten.
Allerdings habe ein von der Gruppierung herausgegebenes Propaganda-Magazin im Jemen kürzlich zu Anschlägen auf Menschen im Westen aufgerufen, die den muslimischen Glauben verunglimpften. Auch der Chef des Satiremagazins «Charlie Hebdo» sei ausdrücklich genannt worden.
London: Warnung vor Grossanschlägen
Der Chef des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5, Andrew Parker, hat unterdessen vor Anschlägen mit einer grossen Opferzahl in westlichen Ländern gewarnt. Eine Kerngruppe militanter Islamisten in Syrien, die Al-Kaida nahestehe, plane «Angriffe gegen den Westen», sagte er.
Gemeinsam mit seinen Partnern tue Grossbritannien alles, um derartige Anschläge zu verhindern, sagte Parker in London. «Wir wissen jedoch, dass wir nicht darauf hoffen können, alles zu stoppen.» Besonders von Kämpfern, die aus Syrien in ihre Länder zurückkehrten und eine «verdrehte Ideologie mitbringen», gehe eine Gefahr aus.
Zwar sei die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) die derzeit offensichtlichste Bedrohung. Allerdings seien auch Kämpfer, die Al-Kaida nahestünden, weiterhin eine Gefahr, sagte er.
6500 Solidaritäts-Tweets pro Minute
Die Solidarität für die Opfer von Paris hält unvermindert an. Der Hashtag #JeSuisCharlie sei bereits in mehr als 3,5 Millionen Twitter-Nachrichten verwendet worden, teilte das Online-Portal mit. Ein Höhepunkt wurde am Mittwochabend um 21.30 Uhr erreicht, als 6500 Tweets pro Minute registriert wurden.
Am Mittwochnachmittag standen die zehn am häufigsten von französischen Internetnutzern verwendeten Stichwörter im Zusammenhang mit dem Anschlag auf «Charlie Hebdo».
Besonders häufig waren dabei die Hashtags #JeSuisAhmed (Ich bin Ahmed) und #JeSuisPolicier (Ich bin Polizist). Damit sollte der beiden bei dem Attentat getöteten Polizisten gedacht werden.
Im sozialen Internetnetzwerk Instagram wurden am Donnerstagnachmittag rund 648'700 Fotos mit dem Stichwort #JeSuisCharlie geteilt.
Erschossener Polizist war selbst Muslim.
Nach dem Attentat auf «Charlie Hebdo» hat der UNO-Sicherheitsrat mit einer Schweigeminute am Donnerstag die Opfer gewürdigt. Der UNO-Botschafter von Chile, Cristián Barros Melet, sagte, der Rat sei angesichts des «unerträglichen Angriffs» in «tiefer Trauer». Dann erhoben sich die Vertreter der 15 Mitglieder des UNO-Gremiums und es wurde still im Sitzungssaal. Chile präsidiert derzeit den Sicherheitsrat.
UNO-Chef warnt vor «Religionskrieg»
Zur Toleranz hat am Abend UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon aufgerufen. Gleichzeitig erinnerte er unter anderem an das Schicksal eines Polizisten, der von den Attentätern am Mittwoch regelrecht hingerichtet worden war, als er vor dem Büro des französischen Satire-Magazins verletzt auf dem Boden lag.
«Er war selbst Muslim», sagte Ban vor Journalisten am UNO-Sitz. Er warnte vor einem «Religionskrieg».