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International Deutsche Medien und Silvestervorfälle: Versagen auf ganzer Linie?

Nach den Ereignissen in Köln und Hamburg stehen nicht nur die Politiker massiv in der Kritik, sondern auch die Leitmedien des Landes. Nicht ganz zu Unrecht, findet ein Experte.

Das neue Jahr ist noch keine Woche alt und schon kocht in Deutschland die Volksseele hoch. Nach den Vorfällen in der Silvesternacht in Köln und Hamburg machen User ihrem Unmut in den sozialen Netzwerken Luft.

Neben Kanzlerin Merkel und sogenannten Gutmenschen stehen dabei zum wiederholten Male die Medien in der Kritik. Sie hätten die Vorfälle bewusst unter den Teppich gekehrt, so der Vorwurf. Das Schlagwort «Lügenpresse» findet sich allenthalben.

ZDF-Entschuldigung im Wortlaut

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«Die Nachrichtenlage war klar genug. Es war ein Versäumnis, dass die 19-Uhr-heute-Sendung die Vorfälle nicht wenigstens gemeldet hat. Die heute-Redaktion entschied sich jedoch, den geplanten Beitrag auf den heutigen Tag des Krisentreffens zu verschieben, um Zeit für ergänzende Interviews zu gewinnen. Dies war jedoch eine klare Fehleinschätzung.»

Wütende Kommentare

Einen Fauxpas der besonderen Art leistete sich das ZDF. Erst am Montagabend um 21:45 Uhr berichtete der Sender über die Vorfälle von Köln. Die halbherzige Begründung sorgte für wütende Kommentare in den Kommentarspalten (siehe Box).

Einen massiven Shitstorm erntete auch Andreas Hilmer. Der Reporter des Norddeutschen Rundfunks hatte sich in einer Online-Ausgabe der ARD-Nachrichtensendung «Tagesschau24» zu den Kommentaren in den sozialen Medien wie folgt geäussert: «Im Netz tobt ein rassistischer Mob (...) und es werden Fakten verdreht», insbesondere wenn von 1000 Tätern gesprochen werde.

Die Reaktion folgte auf dem Fuss: «So viele Hasskommentare wie es daraufhin gab, konnte man gar nicht löschen.» Allein 1400 Kommentare seien bei der «Tagesschau» via Facebook zu diesem Beitrag eingegangen. «Zwei Drittel davon behaupten, dass im Gegenteil ich die Fakten verdreht, Gewalt relativiert und die Opfer verhöhnt hätte – und natürlich kam auch wieder geballt der Vorwurf der Lügenpresse.»

Dabei hätte er sich nur an die zu diesem Zeitpunkt von der Polizei veröffentlichten Zahlen gehalten, so Hilmer. Und denen zufolge habe es in Hamburg «nur» neun Anzeigen gegeben – zunächst alle wegen Diebstahls. «Erst auf Nachfrage hat die Polizei dann eingeräumt, dass die Frauen auch angegrapscht wurden.» In den offiziellen Verlautbarungen habe sich darauf jedoch kein Hinweis gefunden.

Transparente Recherche als erster Schritt

«Lügenpresse»: Der Begriff hat es inzwischen auch in die Umfragen der Demoskopen gebracht. So halten nach einer aktuellen Befragung des Allensbach-Institutes knapp 40 Prozent der Deutschen den Vorwurf der Lügenpresse an die Leitmedien für gerechtfertigt.

«Aus meiner Sicht gibt es Gründe für diese Zahl», sagt der Leipziger Medienwissenschaftler Uwe Krüger. Oftmals würden die Medien nur einen Elitendiskurs widerspiegeln, der von den alltäglichen Problemen der Menschen abgekoppelt sei. «Für sie wichtige Fragen werden nach Ansicht dieser Menschen gar nicht gestellt.»

Uwe Krüger

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Der Medienforscher ist seit 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Journalistik der Universität Leipzig. Zuvor war er u.a. als Redakteur des Journalismus-Fachmagazins «Message» tätig. Seine Dissertation «Meinungsmacht» war Sachbuch des Monats in SRF 2 Kultur.

Hinzu komme, dass sich das Meinungsspektrum innerhalb der politischen Elite in Deutschland verengt habe, dass es in wichtigen Fragen kaum noch Dissens gebe. «Vor dem Hintergrund dieser Entfremdung finde ich es erst einmal hilfreich, wenn die Medien ihre Recherche zu den Vorfällen in Köln transparent machen und öffentlich ihre Arbeitsweise erklären.», so Krüger.

«Da läuft etwas gewaltig falsch»

Entschuldigt hat sich von den Medien bisher nur das ZDF – erklärt hingegen haben sich viele. Immer wieder wird darin auf die zögerliche Kommunikation seitens der Kölner Polizei verwiesen. Diese hatte erst am 2. Januar eine allgemein gehaltene Pressemeldungen zu den Vorfällen veröffentlicht und noch einmal weitere zwei Tage später bei einer Pressekonferenz in grösserem Ausmass über die Ereignisse informiert. Doch reicht das als Entschuldigung?

Nein, finden auch immer mehr Beteiligte des deutschen Leitmedienzirkels und zwar nicht erst seit den jüngsten Vorfällen. So stellte Sebastian Christ in der «Huffington Post» bereits im Mai letzten Jahres fest, dass sich Leser und Journalisten immer schlechter verstehen würden und forderte deshalb ein «stärkeres Abbilden von Lebensrealitäten – um dadurch Lernprozesse anzustossen».

In eine ähnliche Kerbe schlagen heute auch Kommentatoren diverser deutscher Online-Portale. So kritisiert zum Beispiel Stefan Winterbauer im Medienportal «Meedia», dass es in den Leitmedien offenbar «flächendeckend an Kompetenz fehlt, Facebook und Social Media-Debatten richtig einzuschätzen und wiederzugeben». Wenn so etwas Ungeheuerliches wie in Köln mitten in Deutschland geschehe und es vier Tage dauere, bis bundesweit berichtet werde, dann laufe etwas gewaltig falsch in der Medien-Republik, so Winterbauer.

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