Österreichs neuer Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat die rechtspopulistische FPÖ scharf kritisiert. Die Partei spiele mit dem Feuer, sagte der Ex-Grünen-Chef in der ARD. Eine Renationalisierung, wie es die FPÖ anstrebe, sei nicht im Interesse Österreichs. «Wir sind ein kleines, offenes Land, das auf Exporte angewiesen ist.» Daher sei es nicht im politischen oder wirtschaftlichen Interesse Österreichs, sich von der EU abzunabeln.
Nicht um Regierungsbildung bitten
Sollte die FPÖ einmal die relative Mehrheit im Nationalrat erreichen, würde er als Bundespräsident den Chef dieser Fraktion nicht bitten, die Regierungsbildung zu versuchen.
In der Flüchtlingspolitik sei ganz Europa gefordert, sagte Van der Bellen in den ARD-«Tagesthemen» weiter. Doch es gebe Grenzen der Kapazität. Zugleich hätten die Flüchtlinge, die nach Europa kommen, auch Pflichten, etwa die Einhaltung der Gesetze. Ereignisse wie in der Silvesternacht in Köln seien ein «No-Go».
Knapper Entscheid nicht dramatisieren
Seinen knappen Sieg bei der Stichwahl gegen den Rechtspopulisten Norbert Hofer wollte er nicht dramatisieren. Er wolle angesichts des knappen Ausgangs der Abstimmung, die er erst nach Auszählung der Briefwahl-Stimmen mit 50,3 Prozent für sich entscheiden konnte, auch nicht von einem gespaltenen Österreich reden, sagte er in den ARD-«Tagesthemen» «Es war eine Fifty-Fifty-Entscheidung, Ich würde das nicht dramatisieren.»
Die beim Urnengang unterlegene FPÖ ihrerseits nimmt das Resultat mit Optimismus auf. «Wir sind heute stärker denn je», sagte Parteichef Heinz-Christian Strache in Wien. Das Ergebnis von 49,7 Prozent für den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer sei ein ganz wichtiges Signal an die anderen Parteien und auch an die Wähler.
Keine Regierungsbildung ohne FPÖ
Bei den für 2018 geplanten Nationalratswahlen strebe die FPÖ mindestens ein Drittel der Stimmen an, sagte Hofer. Das würde bedeuten, dass gegen die FPÖ kaum mehr regiert werden könne. Hofer sieht keinen Grund für eine Anfechtung des Ergebnisses der Bundespräsidentenwahl. Es gebe keine Anzeichen für einen Wahlbetrug.
Hofer hatte nur rund 31'000 Stimmen weniger als Van der Bellen bekommen. Parteichef Strache kündigte an, dass etwaige offene Fragen zum korrekten Ablauf der Wahl von der FPÖ überprüft würden. Erst danach könne man sagen, ob eine Anfechtung infrage komme.
«Alle sollen zusammenhalten»
Hofer rief die Österreicher auf, das Ergebnis zu akzeptieren und nicht zu streiten. Im Internet habe es teils heftige Bürgerreaktionen gegeben. «Aber alle sollen zusammenhalten», sagte der Rechtspopulist.
Der 72jährige Van der Bellen war am Dienstag vom noch amtierenden Bundespräsidenten Heinz Fischer zu einem ersten Gespräch in der Hofburg empfangen worden. Am 8. Juli wird er als neunter Bundespräsident der Alpenrepublik seit 1945 vereidigt.