Die Europäische Union verhängt in der Ukraine-Krise härtere Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Dabei stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit dieser Strafmassnahmen.
SRF: Was hat man aus den Sanktionen gegen den Iran gelernt?
Sascha Lohmann: Allem voran hat man die psychologische Wirkung von Finanzsanktionen massgeblich erprobt. Man hat gesehen, dass man schon durch die Androhung von Finanzsanktionen Druck auf private Akteure ausüben kann. Diese behandeln den iranischen Markt mit Vorsicht und bewerten ihre Geschäftsinteressen neu – gerade auch mit Blick auf den Zugang zum US-Markt. Und sie entscheiden sich schliesslich für den US-Markt, um nicht weiter mit dem Iran Geschäfte zu tätigen. Allein diese psychologische Wirkung ist, wie wir es auch im Falle Russlands sehen, sehr wirkungsvoll gewesen. Sie hat zu grossen Kapitalabflüssen geführt.
Die Erfahrung zeigt, dass Banken die Sanktionen zum Teil umgehen. Wie stellt man sicher, dass das in Russland nicht passiert?
Man hat mittlerweile ein sehr dichtes Kontrollnetz. Die Banken sind jetzt im Sinne ihrer eigenen Geschäftsinteressen in den USA angehalten, verdächtige Transaktionen zu registrieren und der US-Finanzbehörde weiterzugeben. Da hat man sukzessive eine Drohkulisse aufgebaut, auch mit den verhängten hohen Strafen gegen europäische und US-Banken. Im Falle der russischen Sanktionen kann man schon von einer erhöhten Befolgung der Strafmassnahmen von Seiten der europäischen Banken ausgehen.
Kann man aus den Sanktionen gegen Iran Parallelen ziehen und sie auf Russland übertragen? Russland gehört immerhin zu den acht grössten Volkswirtschaften der Welt.
Wenn es in naher Zukunft zu einem Importstopp für russisches Gas und Erdöl käme, wäre die gegenseitige Verletzbarkeit viel höher als im Falle von Iran. Zudem hat man zum Beispiel das iranische Ölembargo viel länger im Voraus organisiert. Von Seite der USA hat man den europäischen Partnern schon seit 2007 und 2008 klargemacht, wohin die Reise gehen soll. Die Marktteilnehmer hatten Zeit, sich vorzubereiten und sich aus dem Iran zurückzuziehen. Im Falle von Russland ist es natürlich eine ganz andere Situation.
Wie sieht es aus mit der transatlantischen Kommunikation zwischen Europa und Washington? Ist die gut genug, um die Sanktionen gegen Moskau gemeinsam durchzuziehen?
Die Kommunikation lief in erster Linie von Washington nach Europa. Man hat versucht, von Seiten der Obama-Administration seit dem Aufflammen der Ukraine-Krise Druck auf die Europäer auszuüben, ihre Sanktionen zu verstärken. So gesehen kann man sagen, dass die transatlantische Kommunikation eher ein Idealtyp ist, der in der Realität nicht erreicht wird. Das sieht man an den Schwierigkeiten, sich bei den Sanktionen abzustimmen. Man sieht das etwa an gewissen Sekundär-Sanktionen der USA, was bedeutet, dass europäische Unternehmen sich strafbar machen, wenn sie US-Sanktionen nicht befolgen. In der transatlantischen Sanktionspolitik besteht darum noch grosser Abstimmungsbedarf.
Ein zentraler Punkt sind die Rüstungsexporte. Man kennt das etwa von Ausfuhrvorschriften. Die Definition von Kriegsmaterial ist oft nicht eindeutig. Wie wird das gelöst?
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Was die EU präsentieren wird, wird eine relativ detaillierte Auflistung sein, welche Güter unter den Begriff «Dual-Use» fallen. Also die zweifache Nutzung für den zivilen wie auch den militärischen Bereich. Das sollte in der Anwendung relativ klar sein.
Sie haben im Zusammenhang mit Iran geschrieben, die Wirkung der unternommenen Strafmassnahmen sei gemessen am angerichteten wirtschaftlichen Schaden immens. Aber im Hinblick auf die verfolgten Ziele sei sie gering. Wie sieht das für Russland aus?
Man muss bei Sanktionen die Wirkung und die Wirksamkeit unterscheiden. Gerade in der ökonomischen Wirkung sind Sanktionen teils heftig. Aber die Frage ist, inwiefern sich diese Wirkung, die sich in wirtschaftlichem Schaden ausdrückt, in politische Konzessionen Russlands transportieren lässt. Von dem her ist es relativ schwierig, das vorauszusagen.