SRF News: Welche Informationen haben Sie nach dem starken Erdbeben in Nepal von ihrem Team vor Ort?
Franz Gähwiler: Die Leute in Nepal sind schockiert. Glücklicherweise sind aber alle unsere Mitarbeitenden wohlauf. Auch unser Büro hat bei dem neuen Beben keinen Schaden genommen. Noch haben wir aber keine genaueren Angaben, wie es in den ländlichen Regionen Nepals aussieht. Zwar hatten wir auch Kontakt zu Mitarbeitenden im Distrikt Sindhupalchowk nahe am Epizentrum. Dort geht es ihnen gut. Aber über Schäden an Infrastruktur wie Strassen wissen wir noch zu wenig.
Als Laie hat man den Eindruck, nach dem zweiten schweren Beben innert zweier Wochen sei nun alles zusammengebrochen, was überhaupt zusammenbrechen kann. Ist das so?
In den ländlichen Gebieten waren die Schäden an den Häusern tatsächlich schon nach dem ersten Beben sehr gross. So sind in den Gebieten, in denen wir arbeiten, 80 bis 90 Prozent der Häuser zerstört. Ich glaube nicht, dass dort jetzt nochmals sehr viel mehr Schäden entstanden sind. Ich befürchte aber, dass in den städtischen Regionen – etwa in Kathmandu – wieder beträchtliche Schäden entstanden sein könnten.
Nach dem Beben vom 25. April wurden bislang offiziell über 8100 Tote gezählt. Muss man davon ausgehen, dass diese Zahl jetzt nochmals stark steigt?
Nicht unbedingt. Alle Gebäude, die schon nach dem ersten Beben nicht mehr stabil waren, wurden auch nicht mehr bewohnt oder als Büros benutzt. Deshalb gehe ich davon aus, dass nicht nochmals deutlich mehr Menschen zu Schaden kamen. Ich nehme aber an, dass nach dem ersten Beben noch etliche Personen nicht gefunden wurden. Vor allem in abgelegenen Gebieten kann die Zahl der Toten deshalb durchaus noch ansteigen.
Verändert das neue Beben die Arbeit von Helvetas in irgend einer Art und Weise?
Es ist wohl noch zu früh, um diese Frage definitiv beantworten zu können. Was ich bei den Gesprächen mit den Mitarbeitern vor Ort gespürt habe ist, dass die anfängliche Euphorie, nun zusammen wieder etwas aufzubauen, jetzt deutlich eingebrochen ist.
Die Leute sind ziemlich schockiert vom heutige Beben. Entscheidend wird sein, inwiefern die Infrastruktur nun erneut in Mitleidenschaft gezogen wurde; ob Strassen, die bereits von Erdrutschen befreit worden waren, nun erneut verschüttet wurden. Je nach dem wird die Hilfe nicht gross beeinträchtigt – oder aber der Zugang wird nochmals erschwert.
Das Gespräch führte Christian von Burg