In der Ukraine wächst die Angst, dass der Konflikt mit den Separatisten weiter eskaliert. Präsident Petro Poroschenko trifft sich am Montag mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten François Hollande. Poroschenko möchte, dass der Westen mehr Druck macht auf Russland. Doch Poroschenko dürfte auch Kritik zu hören bekommen. Denn viele der versprochenen Reformen sind steckengeblieben, insbesondere die Justizreform und der Kampf gegen Korruption.
Das sorgt auch für Ärger im Volk. So zum Beispiel in der Kiewer Vorstadt Borispol. Dort ist alles bereit für den morgigen Tag der Unabhängigkeit. Aber sogar bei diesen Patrioten ist herauszuhören, dass vieles nicht zum Besten steht.
«Der Lohn reicht fast nirgends mehr hin»
«Die Politiker haben viele Versprechen nicht gehalten», sagt Einwohner Igor Bubniuk. «Die Korruption bekämpfen sie nur halbherzig. Und es gibt auch noch Defizite bei den Demokratisierungsprozessen.»
Noch weit härter ins Gericht mit Regierung und Parlament geht man auf dem Markt der Kleinstadt. «Die Kosten für Gas und Elektrizität steigen und steigen», sagt Verkäuferin Katja. «Das Leben ist teuer geworden. Der Lohn reicht fast nirgends mehr hin. Und unsere Mächtigen kümmern sich um ihre eigenen Geschäfte. Die Menschen sind ihnen egal.»
Teurer Krieg gegen Separatisten
Die Wirtschaft in der Ukraine ist im Vergleich zum letzten Jahr um rund 15 Prozent eingebrochen. Der Staat muss massiv sparen, um die harten Auflagen der internationalen Geldgeber zu erfüllen. Zudem ist die Inflation hoch und der Krieg im Osten des Landes kostet mehrere Millionen Franken pro Tag. Die Umfragewerte von Präsident und insbesondere der Regierung sind im Keller.
Er verstehe den Unmut, sagt, Waleri Pekar, ein Unternehmer und Bürger-Aktivist. «In Parlament und Verwaltung sind noch viele Vertreter der alten Macht-Elite. Zwar hat die Regierung einige Positionen mit hoffnungsvollen Leuten besetzt. Aber in den mittleren Verwaltungs-Schichten sind frühere Beamten geblieben. Und diese bremsen die Reformen.»
Dennoch sei die Gefahr von neuen Protestwellen noch gering, sagt Pekar. Für die meisten gelte: Die Krise aussitzen und auf besser Zeiten hoffen.