Die EU-Staaten blicken mit Sorge auf die Situation in der Ukraine. Die Botschafter für Sicherheits- und Verteidigungspolitik sind sich einig, dass sich die humanitäre Lage bessern muss, wie es nach einem Treffen in Brüssel hiess.
Sanktionen «keine gute Idee»
Das ukrainische Parlament hatte am Dienstag ein Sanktionspaket gegen Russland beschlossen, das möglicherweise zu einem Stopp russischer Öl- und Gaslieferungen nach Westeuropa führen könnte. Dazu sagte ein Diplomat: «Darüber ist man sehr besorgt und hält es nicht für eine gute Idee.»
EU-Energiekommissar Günther Oettinger sagte, er habe mit der ukrainischen Führung telefoniert, er hoffe, dass Kiew ein verlässlicher Partner bleibe. Am Donnerstag will das Parlament definitiv über die Sanktionen entscheiden. Russland bedient etwa einen Drittel des europäischen Gasbedarfs, der grösste Teil davon fliesst via ukrainische Pipelines gegen Westen.
Umstrittener Hilfskonvoi aus Moskau
Zur humanitären Situation sagte ein EU-Sprecher, Hilfe müsse «in vollem Respekt des internationalen humanitären Rechts (...) und mit der klaren Zustimmung der ukrainischen Behörden» geleistet werden.
Er meinte damit den russischen Hilfskonvoi aus 280 Lastwagen, der heute die ukrainische Grenze erreichen soll. Angeblich transportieren sie 2000 Tonnen Hilfsgüter für die umkämpften Gebiete in der Ostukraine.
André Lörsch vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) bestätigte, dass es eine grundsätzliche Einigung aller Seiten gebe, dass die Hilfsgüter an der Grenze dem IKRK übergeben würden. Der Weitertransport sei dann Sache des IKRK unter den Bedingungen des IKRK. Man werde die Güter prüfen und danach an die Bedürftigen weiterleiten.
Damit ist noch nicht geklärt, ob die russischen Lastwagen die Grenze passieren dürfen. Die ukrainische Führung besteht darauf, dass der Konvoi nicht ins Land gelassen wird. Die Güter müssten an der Grenze umgeladen werden, damit sichergestellt sei, dass keine Waffen für die ostukrainischen Separatisten ins Land geschmuggelt würden.
Russlands Aussenminister Lawrow sagte, man habe alle ukrainischen Bedingungen erfüllt, diese öffentlichen Erklärungen der ukrainischen Führung seien daher unverständlich.
Heftige Kämpfe in der Region von Lugansk
Die prorussischen Aufständischen wollen, dass die Hilfsgüter zunächst in die Grossstadt Lugansk gebracht werden. Dort würden sie am dringendsten benötigt, sagte Separatistenführer Andrej Purgin.
Der Regierung in Kiew warf er vor, alles zu tun, um die Lieferung nach Lugansk zu verhindern. Die Lage in der Grossstadt mit rund 250'000 Einwohnern gilt als besonders dramatisch. Der Ort ist seit zehn Tagen von der Wasser- und der Stromversorgung abgeschnitten.
Derweil gingen die Kämpfe in der Ostukraine mit unverminderter Härte weiter. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko machte sich am Dienstag bei einem Besuch an der Front ein Bild von der Lage.
In mehreren Orten lieferten sich Regierungstruppen und Separatisten Gefechte. Die Armee eroberte eine wichtige Verbindungsstrasse zwischen Gorlowka und Donezk.
Auf beiden Seiten habe es Tote und Verletzte gegeben, sagte ein Armeeexperte in Kiew. Zudem nahmen die Truppen die auf einer wichtigen Eisenbahnlinie gelegene Ortschaft Uglegorsk ein, wie Poroschenko mitteilte.
Beide Seiten berichteten auch von schweren Kämpfen um die Ortschaft Miussinsk nahe Lugansk. Ebenso umkämpft sei Ilowaisk südöstlich der Separatistenhochburg Donezk, die ebenfalls unter Beschuss stand. Die Aufständischen berichteten zudem von weitreichenden Stromausfällen.