Schlechte Nachrichten für Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff: Das Oberste Gericht hat am Freitag eine Strafuntersuchung gegen rund 50 Abgeordnete, Senatoren und ehemalige Minister eingeleitet. Sie stehen unter Verdacht, in den Korruptionsskandal um den halbstaatlichen Ölkonzern Petrobras verwickelt zu sein. Der Entscheid des Gerichts betrifft Rousseff, weil zu den Verdächtigen auch ehemalige Mitarbeiter von ihr gehören sowie Politiker der Regierungskoalition.
Zwar wird gegen die Präsidentin selber nicht ermittelt. Dennoch wirft der Gerichtsentscheid ein schiefes Licht auf die Regierungspraxis. So soll die regierende Arbeiterpartei den Ölkonzern gezielt als illegale Finanzierungsquelle missbraucht haben.
Innerhalb eines Jahrzehnts soll ein Netzwerk geschätzte 3,8 Milliarden Dollar zweckentfremdet haben. Petrobras steht unter Verdacht, die Schmiergelder bei Grosskonzernen eingetrieben und sie weitergeleitet zu haben: an den Partido dos Trabalhadores und den Koalitionspartner PMDB. Beide Parteien zusammen bilden die Basis der Regierung von Dilma Rousseff im Parlament.
Der Ruf als Korruptionsbekämpferin ist weg
Pikant ist, dass die amtierende Präsidentin in den fraglichen Jahren Verwaltungsratspräsidentin der Petrobras war, gestützt auf ihre politischen Ämter. Angekommen ist der Skandal nun also bei der Präsidentin selbst, die sich in ihrer ersten Amtszeit einen Ruf als resolute Korruptionsbekämpferin erarbeiten wollte – und deswegen sieben Kabinettsmitglieder auf die Strasse stellte.
Nun stehen auf der Liste der Ermittler neben vielen Parteisoldaten Rousseffs auch die ehemalige Kabinettschefin und ihr ehemaliger Energieminister. Gegen die zwei Parlamentsvorsitzenden wird ebenfalls ermittelt.
Sparprogramm steht auf der Kippe
Für die Ende Oktober knapp wiedergewählte Präsidentin sind die Strafuntersuchungen potenziell gefährlich. Die Opposition wird wohl ein Absetzungsverfahren gegen sie anstrengen. Die Spannungen wegen der Korruptionsaffäre, aber auch der Widerstand der eigenen Partei gegen ein Sparprogramm der Regierung haben das Klima zwischen Parlament und Regierung stark beeinträchtigt. Rousseff kann sich nicht mehr auf ihre Basis im Kongress verlassen.
Im Augenblick geht so gut wie gar nichts mehr im politischen Betrieb Brasiliens. Investoren und Ratingagenturen zweifeln daran, ob Rousseff es schafft, ein Sparpaket zu verabschieden. Dieses wäre nötig, um die überbordenden öffentlichen Ausgaben in den Griff zu bekommen. Dazu kommt, dass das Land vor einer Rezession steht.
Die Zeichen stehen also auf Sturm – wirtschaftlich wie politisch. Das ist auch daran abzulesen, dass der brasilianische Real allein innerhalb dieser Woche um zehn Prozent an Wert verloren hat.