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International Links-Rechts-Bündnis: «Der Kitt wird nicht lange halten»

Weitherum wurde mit Unverständnis darauf reagiert: Die linkspopulistische Syriza hat die Wahlen in Griechenland gewonnen und geht mit der rechtspopulistischen Anel eine Koalition ein. Laut dem Nationalismusforscher Anton Pelinka wird diese «unheilige Allianz» aber kaum lange halten.

SRF News: Linksaussen koaliert in Griechenland mit Rechtsaussen: Hat das Ganze auch sein Gutes, weil die Unzufriedenen nun eine Stimme haben?

Anton Pelinka

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Porträt Pelinka

Der studierte Politikwissenschaftler mit Jahrgang 1941 ist seit 2006 Professor für Nationalismusstudien an der Central European University in Budapest. 1999 wurde Pelinka vom österreichischen Rechtspolitiker Jörg Haider verklagt, weil er ihm öffentlich vorgeworfen hatte, den Nationalsozialismus zu verharmlosen. Pelinka wurde freigesprochen.

Anton Pelinka: Es hat sein Gutes und sein Schlechtes. Das heisst, es ist sehr schwer, zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu sagen, ob die potenziell positiven Folgen – im Sinne der Demokratie und der europäischen Integration – oder die negativen Folgen überwiegen werden. Dennoch bin ich sehr skeptisch, denn die griechische Regierung will zwar mit den Sparzwängen aufhören, aber doch eher auf Kosten anderer Geldgeber. Die griechische Regierung will im Sinne eines Keynesianismus investieren, aber nicht mit eigenem Geld, das sie offenkundig auch gar nicht hat. Hier kann nur durch eine Vergemeinschaftung Positives herauskommen. Ich würde es Europa wünschen, bin aber vorsichtig skeptisch.

Macht Ihnen als Populismusforscher nicht vorallem die Kombination aus der linken Syriza und der rechtspopulistischen Partei Anel Sorgen?

Das macht mir sicherlich Sorgen. Das war von Anfang an eine stille Allianz, die nun zum ersten Mal eine Regierungskoalition bildet: Nämlich eine aus linken und rechten Extremisten und Populisten, die inhaltlich schon immer gegen eine europäische Integration waren – auch ohne dass dies offen deklariert oder gar in einem Bündnis festgelegt wurde. Und das zieht sich durch ganz Europa.

Vom europäischen Verteidigungsvertrag, der in Frankreich 1954 durch die Stimmen von Kommunisten und Nationalisten abgelehnt wurde, bis hin zu diversen Abstimmungen in Frankreich und den Niederlanden: Überall gibt es Allianzenzwischen den Rechtsextremisten einerseits, die heute kaum noch als traditionelle Neofaschisten auftreten, sondern rechtspopulistisch. Und andereseits den Linksextremisten, die kaum noch als traditionelle Kommunisten auftreten, aber eben – wie Syriza – als Linkspopulisten. Das ist nichts Neues, aber es ist nun zum ersten Mal ganz deutlich geworden: in Form eines Koalitionsbündnisses.

Anti-Europäisch zu sein verbindet Syriza und Anel. Wie stark ist dieser Kitt?

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Ich glaube nicht, dass dieser Kitt lange halten wird. Denn die Rechte muss ja auch beweisen, dass sie als deutlich kleinere Partei in dieser griechischen Koalition nicht bloss der verlängerte Arm der Linkspopulisten ist.

Anti-europäische Bewegungen gibt es ja derzeit überall: AfD und Pegida in Deutschland, Front National in Frankreich, Podemos in Spanien, Ukip in Grossbritannien, Lega Nord in Italien usw.

Das stimmt. Aber es ist nicht so, dass damit das Ende des Integrationsprozesses eingeleitet würde. Die europäische Integration ist sehr robust, weil sie auf Interessen basiert, nicht auf schönen Ideen. Es gibt ein ökonomisches Interesse, das auch das Instrument des Friedensprojektes Europa war. Ich bin also besorgt, aber nicht so, dass ich ernsthaft eine unmittelbare Gefahr für die Europäische Union sehen würde.

Das Gespräch führte Peter Vögeli.

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