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International Merkel fordert eindringlich: Mitgefühl statt Hetze

«Folgen Sie denen nicht, die zu Fremdenhass aufrufen!» – In einer emotionalen Rede hat sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ans Volk gewandt. Wer dennoch Menschen fremder Herkunft angreift oder anpöbelt, dem droht Merkel mit der «ganzen Härte des Rechtsstaates».

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Die Angriffe auf Asylheime in Deutschland zeugen von ausgeprägtem Fremdenhass. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nun in einer Rede in Berlin zu Mitgefühl und Menschlichkeit gegenüber Flüchtlingen aufgerufen.

«Es gibt keine Toleranz gegenüber denen, die die Würde anderer Menschen infrage stellen. Wir achten die Menschenwürde jedes einzelnen», sagte Merkel zu Beginn ihrer traditionellen Sommerpressekonferenz in Berlin.

Menschen die sich beispielsweise aus Eritrea, Syrien oder dem Nordirak auf den Weg machen, müssen oft Situationen überwinden oder Ängste aushalten, die uns wahrscheinlich schlichtweg zusammenbrechen liessen.

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Die Glückskette ruft zu Spenden für die Flüchtlinge auf. Diese können auf das Konto 10-15000-6 (Vermerk «Flüchtlinge»), auf www.glueckskette.ch oder via App «Swiss Solidarity» überwiesen werden.

Die Kanzlerin betonte: Was sich zurzeit in Europa anspiele, sei keine Naturkatastrophe: Aber: «Es gibt eine Vielzahl katastrophaler Situationen. Es spielen sich unendlich viele Tragödien ab und auch unfassbare Gräuel – wie vor einigen Tagen in Österreich. Und das alles geschieht, während wir hier in sehr geordneten Verhältnissen leben.»

Viele der Flüchtlinge hätten auf dem Weg nach Deutschland Situationen und Ängste hätten müssen, «die uns schlicht zusammenbrechen liessen».

«Kälte und Hass» in deren Herzen

Es gebe «Gräueltaten», wie den Tod von über 70 Menschen in einem Lastwagen in Österreich, «die man gar nicht fassen kann». Merkel bekräftigte das Grundrecht politisch Verfolgter auf Asyl.

In deutlichen Worten warnte Merkel zudem vor Gewalt und Hetze. Gegen Pöbler und Gewalttäter werde «mit der ganzen Härte des Rechtsstaates» vorgegangen. «Wir wenden uns gegen die, die zu Demonstrationen mit ihren Hassgesängen aufrufen.»

Und weiter: «Folgen Sie denen nicht, die zu solchen Demonstrationen aufrufen.» Zu oft seien «Vorurteile», «Kälte» und «sogar Hass» in deren Herzen. «Halten Sie Abstand», fügte die Regierungschefin hinzu.

Positiver Einfluss auf zweifelnde Menschen?

Diese scharfen Verurteilungen Merkels könnten Orientierungshilfe sein für zweifelnde Menschen, sagt SRF-Korrespondent Adrian Arnold. Die Worte könnten Unentschlossene dazu bewegen, sich im Zweifelsfall nicht solchen «menschenverachtenden, kriminellen» Rechtsextremen anzuschliessen.

In ihrer Rede hob Merkel aber auch hervor, dass Deutschland trotz der fremdenfeindlichen Ausschreitungen «in guter Verfassung» sei. Die Zahl der Helfer «überragt die Zahl der Hetzer und Fremdenfeinde um ein Vielfaches». Deswegen sei sie «stolz und dankbar».

Entschlossen gegen Schleuser

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Frankreichs Premierminister Manuel Valls forderte eine entschlossene Haltung Europas gegen Schleuser. Zugleich mahnte er: Illegale Einwanderung dürfe nicht mit dem Recht auf Asyl verwechselt werden. Europa sei dabei, Wege für humanitäre Lösungen zu schaffen. Gegenüber Schleusern und illegalen Einwanderern müsse aber hart vorgegangen werden.

Merkel fordert mehr Flexibilität

Mit Blick auf die rasant wachsenden Flüchtlingszahlen meinte Merkel: Deutsche Gründlichkeit sei zwar «super» – doch jetzt sei deutsche Flexibilität gefragt. Deutschland habe schon vieles geschafft und werde auch mit dieser Herausforderung fertig werden. «Aber wir müssen die Dinge jetzt beschleunigen.»

So müsse Deutschland Mut zeigen und auch bestimmte Vorgaben vorübergehend ausser Kraft setzen. Der Staat müsse unter anderem bei bestimmten Vorschriften – etwa beim Brandschutz oder Emissionsschutz – vom Standard abweichen können, um die Einrichtung von Flüchtlingsunterkünften zu vereinfachen.

Merkel muss nun die eigenen Bürger von der grosszügigen Aufnahmepolitik überzeugen. Die Vorzeichen stehen nicht schlecht. SRF-Korrespondent Arnold erklärt: «60 Prozent aller Deutschen sind der Meinung, dass Deutschland 800‘000 Flüchtlinge gut verkraften kann.»

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