Nach dem Abschuss eines russischen Militärflugzeugs durch die Türkei hat die Regierung in Moskau wirtschaftliche Strafmassnahmen gegen Ankara angekündigt. Ministerpräsident Dmitri Medwedew nannte unter anderem das Einfrieren gemeinsamer Investitionsprojekte sowie mögliche Einfuhrzölle.
Er ordnete an, dass das Kabinett innerhalb von zwei Tagen eine Liste «breit angelegter Massnahmen» unter anderem im Tourismus, Handel und Flugverkehr erarbeiten soll. Der «aggressive Akt» der Türkei bleibe nicht ohne Antwort, sagte Medwedew russischen Agenturen zufolge.
In der Türkei lebende Russen sollen heimkehren
Laut Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew könnten die Sanktionen unter anderem den Bau des ersten türkischen Atomkraftwerks treffen. Das etwa 22 Milliarden Dollar schwere Projekt ist derzeit der grösste Auftrag der russischen Atomholding Rosatom. Auch die Gaspipeline Turkish Stream und die Pläne für eine gemeinsame Freihandelszone könnten betroffen sein.
Schmerzlicher dürften Russlands Sanktionen in Sachen Tourismus sein. So gab das Aussenministerium in Moskau eine Reisewarnung heraus. Bei rund vier Millionen russischen Touristen, die jährlich an die türkischen Strände reisen, hat dies weitreichende Konsequenzen. «Wenn diese Urlauber ausbleiben, ist dies ein herber Schlag für den Fremdenverkehrssektor», sagt Journalist Thomas Seibert.
Zudem rief Moskau die in der Türkei lebenden eigenen Staatsangehörigen zur Heimkehr auf. Bereits zuvor hatten russische Reisebüros alle Türkei-Reisen vorerst bis Jahresende annulliert.
Der Türkei droht ein frostiger Winter
Was die Türkei aber wohl noch weit mehr zittern lässt: Das Land deckt seinen Erdgasbedarf zu 57 Prozent aus Russland ab. «Wenn Putin hier den Hahn zudreht, könnte es sehr ungemütlich werden – gerade im Winter», so Seibert.
Weiter hat Russland die Kontrolle von türkischen Lebensmitteln verschärft. Landwirtschaftsminister Alexander Tkaschjow begründete dies mit wiederholten Verstössen türkischer Hersteller gegen russische Vorschriften. Er verwies dabei etwa auf «verbotene und schädliche Substanzen» sowie stark erhöhte Pestizid- und Nitratwerte. Von den Massnahmen könnten 15 Prozent der landwirtschaftlichen Importprodukte in Russland betroffen sein.
Türkei lehnt Entschuldigung strikt ab
Bezüglich Sanktionen sprach der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan von einer emotionalen Entscheidung, die für Politiker unpassend sei. Er rechtfertigte den Abschuss erneut. Dies sei im Rahmen der militärischen Vorgaben geschehen.
Der Türkei zufolge hatte das Kampfflugzeug den Luftraum verletzt und wurde mehrfach gewarnt. Russland bestreitet dies. Eine Entschuldigung für den Abschuss lehnte Erdogan strikt ab. Es müssten sich jene entschuldigen, die den türkischen Luftraum verletzt hätten, sagte er.