Frank J. Robertz gilt als einer der führenden Experten für Analysen von Schul-Amokläufern. Den Attentäter von Newtown beschreibt der Kriminologe als typisch. Der Forscher studiert seit Mitte der 90er-Jahren solche Fälle und stellt immer viele Gemeinsamkeiten fest.
«Diese Menschen sind zutiefst unglücklich, sie glauben keine Bezugspersonen mehr zu finden, niemand der sie liebt, den sie lieben», sagt Robertz in der Sendung «10vor10». Sie hätten keine Perspektiven in der Gesellschaft. Die Täter entwickelten sehr schwere Gewaltphantasien, weil sie glaubten, die Probleme könnten sie mit Gewalt lösen. Solche Gewaltphantasien helfen den Tätern eine ganze Weile. Wenn dann doch die letzten Perspektiven wegbrechen, sind sie imstande solche Bluttaten zu begehen.
Mit 30 Fragen zum Ziel
Wie sich solche Amoktäter in den Jahren und Monaten vor der Tat verhalten, hat der Psychologe Jens Hoffmann untersucht. Aus den Daten hat er ein Computer-Programm entwickelt. Dieses soll Lehrern, Psychologen aber auch der Polizei helfen, auffällige Schüler einzuschätzen.
Anhand von 30 Fragen entstehe ein Risikoprofil, sagt Hoffmann. Das Programm wird international eingesetzt – auch in der Schweiz. «Wir haben Akten von Gerichten und Polizei untersucht und haben sehr detailliert rekonstruiert, was vor solchen Taten passiert. So konnten wir ein Muster herausfinden, welches uns ermöglicht, die Risikoeinschätzung vorzunehmen», erklärt Hoffmann.
Innovative Schweiz
Mit Hoffmanns Software arbeiten heute in der Schweiz viele Schulen und Polizeieinheiten, wenn es darum geht, die Gewaltbereitschaft auffällige Schüler besser einschätzen zu können. «Die Schweiz ist sehr weit bei der Prävention und sehr innovativ: auf kantonaler Ebene bilden sich Netzwerke zwischen Psychiatern und der Polizei.»
Bis jetzt ist die Schweiz vor einem Schul-Amoklauf verschont geblieben. An der Kaufmännischen Schule in Sankt Gallen hat es vor vier Jahren einen Vorfall gegeben, der auf einen möglichen Amoklauf hindeutete.
Rektor Urs Bucheli ist die Situation von damals noch sehr präsent. Seine Schule hat die Präventionsbemühungen ausgebaut. Er sagt: »Schüler mit Problemen versuchen wir in einem frühen Stadium zu erreichen. «Institutionen wie der Sozialdienst haben ein grosses Netz, mit dem sie Schüler unterstützen können.»