Frauen sind zwar nicht grundsätzlich bessere Menschen. Aber wenn es darum geht, nach blutigen Kriegen Frieden zu schliessen, sind sie oft hilfreicher als manche Männer. Das klingt nach einem Vorurteil. Laut der UNO beruht es aber auf reichlich Erfahrung – vor allem bei Friedensprozessen in patriarchalischen Gesellschaften.
Für die Chefin der UNO-Behörde für Frauen, Phumzile Mlambo-Ngcuka, ist daher klar: Frauen müssen unbedingt beteiligt sein bei den jetzt endlich anlaufenden Friedensverhandlungen für Syrien. Frauen sollen den Friedensprozess selber beeinflussen, aber auch später, in einem Nachkriegs-Syrien, Schlüsselrollen erhalten.
Frauen haben bessere Bildung als Männer
Aus UNO-Sicht sprechen viele Argumente für Frauen: Gerade in Drittweltländern ist das Aufziehen von Kindern noch fast ausschliesslich Frauensache. Sie denken deshalb langfristiger als Männer, sind weniger geprägt durch Clan-Kämpfe und militärisches Handeln. Und sie bringen mehr Erfahrungen mit in Bereichen, die nach Beendigung eines Krieges ganz zentral sind, wie etwa der Wiederaufbau des Gesundheits- oder des Bildungswesens.
Und ganz wichtig: Frauen sind besonders in unterentwickelten Ländern häufig besser gebildet als Männer. Es verwundert also nicht, dass Syriens Frauen nun resolut eine Beteiligung in den syrischen Verhandlungsdelegationen fordern, auf Regierungs- wie auf Oppositionsseite.
Eine ihrer Vertreterinnen, Rafif Jouejat, hält fest: Frauen repräsentierten die Hälfte der syrischen Gesellschaft. Sie seien Anwältinnen, Ingenieurinnen, Professorinnen, Hausfrauen und Krankenschwestern. Also sei eine 30-Prozent-Quote für die Verhandlungsdelegationen keine unbillige Forderung, zumal für sie ein Friedensschluss wirklich das oberste Ziel sei.
Konferenz-Teilnehmer müssen Macht haben
Ob das für manche Männer, die auf der Konferenz anwesend sein werden, ebenso gilt, ist fraglich. Sowohl innerhalb des Regimes als auch bei der Opposition glauben immer noch viele Anführer, ihr Lager könne sich mit militärischer Gewalt durchsetzen. Viele sind zu keinen Zugeständnissen bereit.
Heute verhandeln die Vertreterinnen der syrischen Frauen mit UNO-Friedensvermittler Lakhdar Brahimi über ihre Beteiligung an der Konferenz. Brahimi dürfte ihr Anliegen wohlwollend prüfen. Aber er weiss auch: Es nützt ihm und der Konferenz wenig, wenn lauter Friedensbewegte, ob Frauen oder Männer, am Verhandlungstisch sitzen – jedoch jene fehlen, die in Syrien tatsächlich die Macht haben.
Ringen um eigentliche Selbstverständlichkeit
Doch die Frauen bleiben hartnäckig – aus guten Gründen: Die Lehre nach dem «Arabischen Frühling» in Ägypten, Jemen oder Libyen ist, dass Frauen zuerst eine entscheidende Rolle spielten, aber rasch wieder politisch an den Rand gedrängt wurden.
Die syrischen Frauen werden für ihr Kernanliegen – gleiche Rechte für Mann und Frau von der künftigen Verfassung garantiert – kämpfen müssen. Zumal im Oppositionslager zurzeit islamistische Gruppierungen die Oberhand haben. Gruppen, die ganz offen Frauen diskriminieren wollen.
Immerhin erhalten die Syrerinnen nun von aussen Unterstützung, von den Niederlanden etwa, oder vom britischen Aussenminister William Hague. Er wolle den Frauen den Weg zu einer direkten Beteiligung an den Verhandlungen ebnen, sagte er. Begonnen hat also ein zähes Ringen um etwas, das eigentlich selbstverständlich sein sollte, es aber noch längst nicht ist.