Seit den terroristischen Anschlägen auf das französische Satiremagazin «Charlie Hebdo» in Paris mit zwölf Toten sind bald zwei Monate vergangen. Am heutigen Mittwoch kommt die seither erste reguläre Ausgabe heraus. «Das Magazin möchte damit das Zeichen setzen, dass die Satire weitergeht wie früher», sagt Rudolf Balmer, SRF-Mitarbeiter in Paris.
Auch wenn die Redaktion von «Charlie Hebdo» den Anschein zu geben versucht, zum Alltag zurückgekehrt zu sein; für die allgemeine Stimmung in Paris gilt das nicht. «Seit den Attentaten herrscht hier eine unverändert starke Anspannung und Angst», sagt Balmer.
Racheakt befürchtet
Ständig zirkulierten Gerüchte von Anschlägen auf Bahnlinien oder Metrostationen. Es gelte die höchste Alarmstufe und es gebe häufig falschen Alarm. Die Polizei rücke aus, um in einer Metrostation eine vergessene Tasche zu untersuchen, die dann wie eine potenzielle Bombe entschärft werden muss. «Solche Vorkommnisse verschärfen natürlich die Anspannung und die Angst der Bevölkerung», meint Balmer. Auch würden die Menschen alle Informationen durch die Brille der Terrorangst wahrnehmen.
Frankreichs Entsendung des Flugzeugträgers «Charles de Gaulle» in den persischen Golf, beladen mit mehr als 20 Kampfjets, soll mithelfen, die Islamisten zurückzudrängen. Das Land setzt damit ein Zeichen im Kampf gegen die Terrormiliz IS. Für die Bevölkerung sei es vor allem aber auch ein Zeichen einer weiteren bevorstehenden Eskalation, sagt Balmer. «Die Leute befürchten, dass es jetzt erst recht zu Racheakten der islamistischen Terroristen kommen wird.»
Weitere Anschläge möglich
Hinzu kommt, dass die Polizei ständige Präsenz, vor allem vor öffentlichen Gebäuden, Synagogen, Moscheen und jüdischen Privatschulen, markiert. «Damit wollen die Behörden der Bevölkerung ein Gefühl der Sicherheit geben», sagt Balmer. Ob das gelinge, sei eine andere Frage.
Die französische Regierung hat mehrfach gesagt, es gebe trotz höchster Sicherheitsvorkehrungen keinen absoluten Schutz. «Sie geht also eigentlich davon aus, dass neue Anschläge jederzeit möglich sind und will die Bevölkerung gewissermassen darauf vorbereiten», sagt Balmer.
Keine Anzeichen für Rückkehr zu Alltag
Allerdings hätten die verschärften Antiterrorgesetze doch eine gewisse Wirksamkeit bewiesen. Es wurden inzwischen mehrere Gruppen von Dschihadisten festgenommen. Sechs Personen, die kurz davor waren, nach Syrien auszureisen, mussten ihre französischen Pässe abgeben. «Mit solchen Massnahmen möchte die Regierung der Bevölkerung zeigen, dass sie nicht tatenlos zuschaut», sagt Balmer.
Anzeichen, dass sich der Alltag in Paris bald wieder normalisiert, gibt es vorerst aber nicht. Natürlich hofften und träumten alle davon, dass die Angst vor solchen Terroranschlägen und Angriffen auf die Meinungsfreiheit der Vergangenheit zuzurechnen sind und als Geschichte betrachtet werden können, sagt Balmer. «Soweit ist es heute aber ganz klar nicht.»