Die im September in Minsk vereinbarte Waffenruhe für die Ostukraine ist nach Ansicht der Vereinten Nationen in akuter Gefahr. «Wir sind tief besorgt, dass die schweren Kämpfe der Vergangenheit jederzeit wieder ausbrechen könnten. Das wäre eine Katastrophe für die Ukraine», sagte Vize-Untergeneralsekretär Jens Anders Toyberg-Frandzen am Mittwoch vor dem UNO-Sicherheitsrat in New York.
«Jeden Tag sterben Menschen, manchmal sogar Schulkinder. Die Lage könnte instabiler kaum sein», betonte Toyberg-Frandzen. Verantwortung trügen alle und keine Seite sei ohne Schuld.
UNO: Kompromisslosigkeit der Separatisten ist Hauptursache
«Wir sehen die Verantwortung aber vor allem bei den Separatisten in der Ostukraine», sagte der Däne weiter. Die «so genannten Wahlen» der Rebellen in der Ostukraine und Berichte über die Lieferung schwerer Waffen aus Russland seien das grösste Problem zur Lösung des Konflikts. Die landesweite Wahl, an der sich viele in der Ostukraine verweigert hätten, habe zwar Grund zur Hoffnung gegeben. Doch der Geist der Erneuerung durch die Wahl und eine reformwillige Führung sei durch die Kompromisslosigkeit der Führer in der Ostukraine überschattet.
Nach Angaben der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) verschlechtert sich die humanitäre Lage täglich. Nicht nur steige die Zahl der Flüchtlinge und Vertriebenen jeden Tag, deren Schicksal werde auch durch den einbrechenden Winter immer bitterer.
Die ukrainische Regierung bereitet sich derweil auf neue Kampfeinsätze ihrer Truppen im Osten des Landes vor. Verteidigungsminister Stepan Poltorak begründete dies zu Beginn einer Kabinettssitzung mit der «erhöhten Aktivität» Russlands und prorussischer Rebellen.
USA: Moskau untergräbt Abkommen
«Denn die Wurzel bleibt: Russlands grobe Missachtung der Souveränität eines kleineren Landes», erklärte US-Botschafterin bei der UNO, Samantha Power. Moskau habe immer wieder Versprechen gemacht und immer wieder gebrochen. Entgegen dem Minsker Abkommen unterstütze Moskau die Rebellen in der Ostukraine.
Die Rebellen hätten das Abkommen nicht nur missachtet, sie hätten es für Eroberungen genutzt, unterstrich Power. Gefangene würden nach Russland verschleppt und die Arbeit unabhängiger Beobachter boykottiert und gestört: «Russland tut alles, um das Friedensabkommen zu untergraben.»
Nato: Russische Truppen in Unruheregion
Von «andauernden und eklatanten Verletzungen des Protokolls von Minsk durch Russland und seine Stellvertreter» sprach am Mittwoch auch US-Aussenamtssprecherin Jen Psaki. Sie bezog sich auf Nato-Berichte über massive Truppenbewegungen Russlands. Kolonnen mit russischen Panzern, Artillerie, Luftabwehrsystemen und Kampftruppen bewegten sich in der ostukrainischen Unruheregion, hatte Nato-Oberbefehlshaber Philip Breedlove in Sofia berichtet.
Moskau: «Propagandatricks des Westens»
Der russische UNO-Vertreter sprach von einer übertriebenen Angst vor Rebellen in Kiew. Viele Vorwürfe gegen Russland und die Separatisten beruhten auf «Propagandatricks des Westens». Auch Kiew halte sich nicht an das Minsker Abkommen und unterhalte zudem irreguläre Truppen. Die ukrainischen Behörden kümmerten sich nicht um die Ostukraine: «Welches Vertrauen soll ein Mann in eine Regierung haben, die ihm seine Kultur nicht erlaubt?»