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International War das der Durchbruch in der Flüchtlingskrise?

Monatelang haderte die EU mit der Flüchtlingskrise, vor allem aber mit sich selbst. Jetzt soll ein 17-Punkte-Plan das Chaos ordnen und die viel beschworene europäische Solidarität reanimieren. Das sei bitter nötig, sagt Europa-Expertin Almut Möller.

SRF News: Fasst die EU mit diesem 17-Punkte-Plan wieder Tritt in der Flüchtlingsfrage?

Es wird sich zeigen, ob nachhaltige Schritte folgen. Das Wesentliche ist aber, dass sich zentrale Mitgliedsstaaten zusammengefunden haben mit Ländern Südosteuropas. Man spricht davon, die Flüchtlingskrise als gemeinsames europäisches Thema angehen zu wollen. Das stimmt mich optimistisch. Vor allem, weil wesentliche Akteure Interesse an einer Lösung haben. Das betrifft insbesondere Deutschland und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Denn durch den innenpolitischen Druck in Deutschland ist auch ihre Perspektive als Regierungschefin zunehmend mit dieser Frage verknüpft.

Almut Möller

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Die Politikwissenschafterin Almut Möller (geb. 1977) ist Europaspezialistin beim European Council on Foreign Relations in Berlin. Sie forscht schwerpunktmässig zu europäischen Integrations- und Sicherheitspolitik.

Welches sind für Sie die vielversprechendsten Punkte des Plans?

Aus menschlicher Sicht die Perspektive, dass es eine Verbesserung der Situation für die Menschen geben muss und geben wird, die sich auf der Flucht befinden. Die Situation ist zurzeit untragbar. Aus politischer Sicht ist bei aller Kritik positiv zu bewerten, dass es nach diesem Schritt weitere Treffen und Gipfel aller EU-Mitgliedsländer geben wird. Die Flüchtlingskrise ist eine gesamteuropäische Angelegenheit. Bedeutsam ist vor allem auch die Perspektive, mit dem Schlüsselland Türkei noch stärker zu einem Einvernehmen zu kommen.

Die EU-Staaten haben sich nun Wochen und Monate über die Flüchtlinge gestritten. Weshalb ist die EU dermassen überfordert mit diesem Problem?

Viele Experten und auch Mitgliedsstaaten der EU, die an das Mittelmeer grenzen, haben schon seit vielen Monaten, wenn nicht Jahren darauf hingewiesen. Jetzt hat es sich Bahn gebrochen, weil schlichtweg eine so hohe Zahl von Menschen flieht. Die EU ist insofern nicht vorbereitet, weil die etablierten Mechanismen einfach nicht ausreichen. Wir haben den offenen Schengen-Raum, in dem sich Menschen frei bewegen. Die Frage der Fairness und der Solidarität – also wer eigentlich wie viele aufnehmen soll – hat sich bisher nicht in dieser Vehemenz gestellt.

Audio
«Die Situation für die EU ist sehr ernst»
aus SRF 4 News aktuell vom 26.10.2015.
abspielen. Laufzeit 7 Minuten 59 Sekunden.

Nun ist sie auf den Tisch gekracht, für die betroffenen Länder auch innenpolitisch. Anders etwa als die Euro-Krise, die etwa auch für viele Menschen in Deutschland, nicht so greifbar war. Die Flüchtlingskrise dagegen passiert in unseren Gemeinden, in unseren Städten. Das ist greifbar für die Leute, und auch innenpolitisch explosiv.

Die EU ist schon lange im Krisenmodus – Eurokrise, aber auch die zunehmende EU-Skepsis in den Mitgliedsländern sind die Stichworte dazu. Jetzt diese Flüchtlingskrise. Wie stark bedroht letztere die EU?

Ich halte die aktuelle Situation für sehr ernst. Die Politik reagiert inzwischen sehr stark auf den innenpolitischen Druck. Die Bundeskanzlerin hat die EU-Kommission gebeten, den Sondergipfel einzuberufen, weil sie zuhause vorweisen muss, dass sich etwas tut. Denn sie steht unter Druck. Die Menschen in Deutschland und anderen EU-Ländern fragen sich, wie es weiter geht, wie viele Flüchlinge noch kommen.

Eine Perspektive für populistische Parteien ist auch in Deutschland nicht auszuschliessen. Schon in der Euro-Krise hat man unheimlich viel Vertrauen in die gemeinsame Zusammenarbeit verloren. Zusammen damit hat der Druck auf das System Europäische Union nun noch einmal deutlich zugenommen. Man ist an einem kritischen, einem gefährlichen Punkt angelangt. Wenn es keine Fortschritte in den nächsten Monaten gibt, wird das eine weitere ernsthafte Bewärungsprobe für den Zusammenhalt in der EU.

Das Gespräch führte Tina Herren.

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