In Paris ist der Artificial Intelligence Action Summit im Gange: Zahlreiche Staats- und Regierungschefs sowie führende Experten zum Thema KI werden erwartet. Weltweit läuft ein Wettrennen um die besten Technologien.
Allein der US-Konzern Amazon will rund 100 Milliarden Dollar in Infrastruktur für KI investieren, China machte mit dem Start-up Deepseek Schlagzeilen. Auch Frankreich hat angekündigt, dass es mit Investitionen nachziehen will. Aber wurde Europa allenfalls schon abgehängt? SRF-Digitalexperte Guido Berger ordnet ein.
Wie gut steht Europa in Sachen KI da – im Vergleich zu den USA oder China?
Die grossen Fortschritte, die KI in den letzten Jahren gemacht hat, sind hauptsächlich den grösseren Datenmengen zu verdanken. Man hat realisiert, dass wenn man diese Modelle mit viel mehr Daten füttert, sie auch besser werden. Entsprechend hat man riesige Datensätze zusammengestellt. Das passierte an amerikanischen Unis und benötigte sehr viel Rechenleistung. Diese Rechenleistung kommt im Wesentlichen ebenfalls von einer amerikanischen Firma, von Nvidia, die über 90 Prozent der Hardware herstellt. Dann kommen die Produkte dazu, insbesondere ChatGPT – all das ist aus den USA.
An der Methode KI arbeiten alle, in jeder Industrie, nicht nur in den USA.
Dennoch ist KI kein wirklich definierter Begriff. Müsste ich ihn definieren, würde ich festhalten: Es ist eine Methode, mit der man maschinelles Lernen nutzt, um ein Modell mit ganz vielen Daten zu trainieren. Und an dieser Methode arbeiten alle, in jeder Industrie, nicht nur in den USA.
Wo besteht Nachholbedarf in Europa?
Die Regulierung ist ein Thema: Gerade die grossen, modernen Systeme benötigen ungemein viele Daten. Eine Datenschutzregulierung setzt da Grenzen. Da ist man in der EU generell etwas restriktiver als in anderen Weltregionen.
Das fördert nicht gerade Lust von Investoren.
Zudem habe ich den Eindruck, dass die EU versucht, den Fehler der Nullerjahre in Bezug auf die fehlende Regulierung von Social Media nicht zu wiederholen. Das fördert nicht gerade Lust von Investoren. Das Risikokapital scheint also weniger da zu sein, staatliche Investitionen werden weniger getätigt. Insbesondere, wenn es so um die grossen Anwendungen geht, diese riesigen Rechenzentren, die solche Produkte überhaupt erst ermöglichen. Nun hat zwar Macron versprochen, dass über 100 Milliarden Euro investiert werden: Das sind aber private Investitionen, also nicht vom französischen Staat. Es ist aber eine Willensbekundung.
Europa hinke auch bei der KI-Forschung hinterher, sagen einige. Was ist da dran?
Wenn es um Forschung im Bereich Machine Learning geht, wird in der EU sowie in der Schweiz sehr viel geforscht.
Es gibt durchaus Dinge, die sich in Europa sehen lassen können.
Mistral, eine französische Firma, ist zum Beispiel bezüglich Marktwert in den Top fünf der KI-Unternehmen, noch vor Unternehmen aus China beispielsweise. Es gibt durchaus Dinge, die sich in Europa sehen lassen können.
Wie realistisch ist es, dass Europa noch aufschliessen kann?
Es geht darum, mit cleveren Tricks die Modelle effizienter zu machen. Und es geht auch darum, mit offenen Modellen zu arbeiten, damit man auf der Arbeit anderer aufbauen kann. Das passiert im Moment und sehe ich als ganz wichtige Entwicklung. Denn das könnte dazu führen, dass so etwas wie generative KI, die heute noch ein teures Produkt ist, günstiger, vielleicht sogar gratis wird sowie in den Händen von vielen liegt, nicht nur wenigen amerikanischen Firmen. Dann könnte auch Europa ohne eine eigene Chipindustrie durchaus innovativ sein.