Vor der Corona-Krise kannten die wenigsten ausserhalb von Sint-Maarten in der Karibik dessen Regierungschefin Silveria Jacobs. Doch dann ging ihre Mahnung an ihre Bevölkerung um die Welt: «Bleiben Sie zu Hause. Wenn Sie kein Brot zu Hause haben, essen Sie Crackers.»
Ebenfalls zu einem Symbol des Kampfes gegen Corona wurde die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern: «Angesichts dieser Pandemie, dieses noch nie dagewesenen Problems, hat sich Neuseeland entschieden, hart und schnell zu handeln.»
Die Erfolge geben ihr bisher recht: In Neuseeland gibt es, gemessen an der Bevölkerungszahl, weniger Infizierte und weniger Tote als in den meisten Ländern.
Die Schweiz ist eine Ausnahme
Vereinzelt ist zwar die Rede von einem «Mythos, dass von Frauen regierte Länder besser abschneiden». Doch der Zusammenhang ist offenkundig, obschon es Ausnahmen gibt. Die Schweiz mit Simonetta Sommaruga schneidet nicht sonderlich gut ab, wobei eine Bundespräsidentin die Corona-Politik nicht massgeblich bestimmen kann.
Erst recht heikel ist die Lage in Belgien, wo Sophie Wilmès als Übergangsministerpräsidentin amtiert. Und klar ist auch, dass ein Inselstaat wie Neuseeland sich leichter abschotten lässt als ein hochvernetztes, mitten in einem Kontinent gelegenes Land wie die Schweiz.
Studie ist umstritten
Dennoch ist nicht wegzudiskutieren, dass sich von Frauen regierte Länder besser behaupteten. Die entscheidende Frage aber lautet, ob es so ist, weil sie von Frauen regiert werden. Zwei britische Wissenschaftlerinnen versuchten dies mit einer Studie zu belegen. Doch sie ist umstritten.
Islands Regierungschefin Katrin Jakobsdottir meinte gegenüber Journalisten: «Erfolgreich sind Politiker, die sich auf wissenschaftliche Ratschläge stützten.» Egal ob Mann oder Frau. Trotzdem ist häufig das Landesmutter-Argument zu hören: Regierungschefinnen seien halt risikoscheuer, räumten generell Gesundheitsfragen mehr Gewicht ein, seien weniger wirtschaftshörig, vorausschauender, fürsorglicher und das zahle sich nun aus.
Klischees erklären nichts
Damit landet man aber direkt bei klassischen Geschlechterklischees. Nicht schlüssig ist auch die Theorie, links regierte Länder behaupteten sich besser. Das stimmt zwar für Länder wie Island, Finnland oder Dänemark. Doch gut schlagen sich auch Deutschland, Norwegen, Taiwan oder Schottland, die zwar von Frauen, aber nicht von linken Frauen regiert werden.
Es stellt sich die Frage, ob nicht Ursache und Wirkung verwechselt werden. Will heissen: Nicht weil Frauen regieren, kommen manche Staaten besser mit Corona zurande. Sondern umgekehrt: Frauen werden in eher fortschrittlichen Demokratien gewählt und diese sind in einer solchen Krise im Vorteil. Auch hier gibt es mit China allerdings ein Gegenbeispiel.
Bewusstsein für die Gemeinschaft ist wichtig
Auf einen wesentlichen Punkt wies die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hin: «Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst. Seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung mehr an unser Land, bei der es so sehr auf unser solidarisches Handeln ankommt.»
Bürgersinn, Bewusstsein für die Gemeinschaft dürften in der Tat eine Schlüsselrolle spielen. Sie sind deutlich ausgeprägter vorhanden in Gesellschaften, in denen die Regierung ein Grundvertrauen geniesst, wo Rechtsstaatlichkeit herrscht und keine Korruption grassiert.