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Ohne Anklage eingesperrt: Palästinenser in Israel
Aus Echo der Zeit vom 29.08.2024. Bild: SRF
abspielen. Laufzeit 8 Minuten 38 Sekunden.

Israel Administrativhaft Tausende Palästinenser sitzen ohne Anklage im Gefängnis

Mindestens 9500 Palästinenserinnen und Palästinenser aus dem Gazastreifen und dem besetzten Westjordanland sitzen in israelischen Gefängnissen: mehr als doppelt so viele wie vor dem 7. Oktober 2023, dem Tag, an dem die Hamas Israel angriff und 1200 Menschen tötete. Rund 3700 palästinensische Häftlinge sitzen monate- oder gar jahrelang ohne Anklage im Gefängnis, sie haben oft keinen Zugang zu einem Anwalt. Dafür wird Israel seit Jahrzehnten international kritisiert. Susanne Brunner, Auslandschefin von Radio SRF und ehemalige SRF-Nahost-Korrespondentin, mit den wichtigsten Antworten.

Susanne Brunner

Leiterin Auslandredaktion

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Susanne Brunner war für SRF zwischen 2018 und 2022 als Korrespondentin im Nahen Osten tätig. Sie wuchs in Kanada, Schottland, Deutschland und in der Schweiz auf. In Ottawa studierte sie Journalismus. Bei Radio SRF war sie zuerst Redaktorin und Moderatorin bei SRF 3. Dann ging sie als Korrespondentin nach San Francisco und war nach ihrer Rückkehr Korrespondentin in der Westschweiz. Sie moderierte auch das «Tagesgespräch» von Radio SRF 1. Seit September 2022 ist sie Leiterin der Auslandsredaktion von Radio SRF.

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Warum wird Israel für seine Administrativhaft international kritisiert?

In einem Rechtsstaat müssen Verhaftete in der Regel innerhalb von 24 Stunden einen Anwalt oder eine Anwältin beiziehen können. Das ist bei der Administrativhaft nicht der Fall. Betroffene werden zunächst für drei Monate in Administrativhaft genommen. Israel kann die Haftdauer beliebig verlängern, ohne Anklage. Seit dem 7. Oktober kann ein Facebook-Post gegen das israelische Vorgehen im Gazastreifen reichen, um in Administrativhaft genommen zu werden.

Was tun die palästinensischen Behörden gegen solche Verhaftungen?

Sie protestieren – aber machen können sie gar nichts. Die Palästinensische Autonomiebehörde ist eine zivile Behörde: Sie hat die zivile Kontrolle über einen Teil des besetzten Westjordanlandes. Die militärische Kontrolle hat aber Israel. In Sicherheitsfragen arbeiten die palästinensischen Behörden sogar mit den israelischen Behörden zusammen. Tausende von Palästinenserinnen und Palästinenser machen die Erfahrung, dass sie der Willkür einer fremden Macht schutzlos ausgesetzt sind.

Wachturm hinter Stacheldrahtzaun mit israelischer Flagge im Vordergrund.
Legende: Ein israelisches Sicherheitsgefängnis im Westjordanland in der Nähe von Ramallah. (Bild: 23.11.2023) IMAGO / UPI Photo / Debbie Hill

Wirkt die Administrativhaft auf Palästinenserinnen und Palästinenser abschreckend?

Nein. Im Gegenteil. Die Administrativhaft wird von den Betroffenen als willkürlich, erniedrigend oder gar grausam empfunden. Sie schürt den Hass auf die israelische Besatzung, und damit auch auf Jüdinnen und Juden, noch mehr. Sicherheitspolitisch ist diese Massnahme nicht zu rechtfertigen: jedenfalls nicht als routinemässig angewandte Massnahme, wie sie Israel praktiziert. Die Administrativhaft schwächt auch die Palästinensische Autonomiebehörde. Die Administrativhaft ist ein Grund, weshalb die ohnmächtige Behörde bei der Mehrheit der palästinensischen Bevölkerung verhasst ist. Davon profitiert die Hamas.

Wie umstritten ist diese Massnahme in Israel selbst?

Bei israelischen Anwältinnen und Anwälten und Menschenrechtsorganisationen ist sie sehr umstritten und wird von diesen auch bekämpft. Im Moment wird das Thema jedoch in einem ganz anderen Zusammenhang diskutiert: Rechtsnationale Politiker empören sich darüber, dass auch einige radikale, gewalttätige Siedler in Administrativhaft genommen wurden – das finden sie unfair. Und sagen damit, die Massnahme sollte nur Palästinenser betreffen.

Krieg im Nahen Osten

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Die Konflikte in Israel, im Westjordanland und im Gazastreifen halten an. Hier finden Sie alle unsere Inhalte zum Krieg im Nahen Osten.

Echo der Zeit, 29.8.2024, 18 Uhr ; 

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