Am Dienstagabend hat die israelische Armee einen Vergeltungsschlag gegen die libanesische Hisbollah durchgeführt. In Dahieh, einem dichtbesiedelten Vorort von Beirut, hat sie auf einen Wohnblock geschossen, in dem sich der Hisbollah-Kommandant Fuad Shukr befand. Israel macht ihn als Drahtzieher für den Raketenanschlag auf den Golanhöhen verantwortlich. Die Hisbollah bestreitet, für den Angriff verantwortlich zu sein.
Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters bestätigten Mitarbeiter von Sicherheitskräften inzwischen, dass Shukrs Leichnam unter den Trümmern eines zerstörten Gebäudes gefunden wurde.
Attacke mit Ansage
Die israelische Armee hatte schon früher angekündigt, dass sie verstärkt wichtige Kommandanten der Hisbollah-Miliz ins Visier nimmt. Deshalb ist der «Vergeltungsschlag», wie Israel es nennt, keine grosse Überraschung. Dahieh gilt als die Hochburg der Hisbollah in Beirut, ein streng abgeriegeltes Quartier.
Der Vorort von Beirut war immer wieder Ziel israelischer Luftangriffe, auch schon im Krieg von 2006. Vor gut einem halben Jahr wurde dort ein ranghohes Hamas-Mitglied getötet, ebenfalls durch israelische Kampfjets.
Zentrale Figur der Schiitenmiliz
Shukrs Tod ist ein herber Schlag für die Hisbollah. Er gehörte seit Jahren zur Führungsspitze der Miliz, mit direktem Kontakt zum Anführer der Hisbollah, Hassan Nasrallah.
Bereits vor über vierzig Jahren soll Shukr einen Anschlag auf eine Baracke des US-amerikanischen Militärs in Beirut geplant und durchgeführt haben. Für Informationen zu seinem Verbleib stellten die USA ein Kopfgeld von bis zu fünf Millionen Dollar in Aussicht. In den letzten Jahren spielte er eine führende Rolle für die Hisbollah im Krieg in Syrien.
Eskalationsspirale wird weiter drehen
Ein derart hochrangiger Kommandant dürfte nicht so leicht zu ersetzen sein für die Miliz. Denn im Gegensatz zu einer Armee verfügt die Hisbollah über keine Akademien, in denen das Wissen erfahrener Kämpfer und Strategen weitergegeben wird. Zudem ist der Angriff auf Shukr auch ein klares Signal an Milizenführer Hassan Nasrallah, der sich seit Jahrzehnten versteckt hält. Wer Shukr findet, kann auch Nasrallah finden.
Die Hisbollah wird nun vermutlich ihrerseits wiederum mit einem Anschlag antworten. Und damit dreht die Eskalationsspirale weiter. Derweil steht die machtlose libanesische Regierung im Abseits. Sie verurteilt den israelischen Angriff in Beirut, bei dem mindestens drei Menschen getötet und 74 verletzt wurden. Und sie hat angekündigt, vor dem UNO-Sicherheitsrat eine Protestnote einzulegen.