- Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Verteidigungsminister Yoav Galant entlassen.
- Dies teilte ein Sprecher von Netanjahus rechtskonservativer Likud-Partei mit.
- Mit seinem Aufruf, die umstrittene Justizreform zu pausieren, war der Verteidigungsminister auf ein geteiltes Echo gestossen.
- Inzwischen haben die USA Israels Regierung aufgefordert, einen Kompromiss zu finden.
Gegen die Justizreform, mit der der Einfluss des Höchsten Gerichts beschnitten werden soll, gibt es seit Monaten Proteste. Auch international haben die Pläne der rechtsreligiösen Regierung erhebliche Kritik ausgelöst.
Der bisherige Verteidigungsminister hatte am Samstagabend überraschend die eigene Regierung zum Stopp der Reform und zum Dialog mit Kritikern aufgerufen. Galant warnte, dass die nationale Sicherheit ansonsten schweren Schaden nehmen könnte. Er verwies darauf, dass zahlreiche Reservisten aus Protest gegen die Reform nicht zum Dienst erschienen.
Abstimmung steht kurz bevor
Netanjahus Koalition will Kernelemente der Reform in den nächsten Tagen umsetzen. Die Abstimmung über ein Gesetz, das Regierungspolitikern mehr Einfluss bei der Ernennung von Richtern verleihen soll, könnte bereits an diesem Montag stattfinden.
Noch ist unklar, wie Kritiker innerhalb der Regierung stimmen werden. Die Koalition hat im Parlament nur eine Mehrheit von vier Mandaten. Die Regierung wirft dem Höchsten Gericht übermässige Einmischung in politische Entscheidungen vor. Dem Parlament soll es künftig möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Kritiker sehen die Gewaltenteilung in Gefahr und warnen vor einer Staatskrise.
Wut und Proteste als Reaktion auf Entlassung
Nach der Entlassung von Galant ist es am Sonntagabend zu wütenden Protesten gekommen. In der Küstenmetropole Tel Aviv versammelten sich nach Fernsehberichten spontan Zehntausende, um gegen Netanjahus Entscheidung zu protestieren. Sie blockierten die zentrale Strasse nach Jerusalem.
Dort durchbrachen Demonstranten eine Strassensperre neben dem Wohnhaus von Netanjahu. Nachbarn schwenkten blau-weisse Nationalflaggen. Es war allerdings unklar, ob der 73-Jährige sich in dem Haus aufhielt.
USA drängen auf Kompromiss
Die US-Regierung hat angesichts der breiten Proteste in Israel gegen den Kurs der rechtsreligiösen Koalition zu einem Kompromiss aufgerufen. Das Weisse Haus schrieb, die USA seien tief besorgt. Demokratische Werte seien immer ein Markenzeichen der Beziehungen zwischen den USA und Israel gewesen und müssten dies auch bleiben. Tiefgreifende Änderungen im System müssten von der Bevölkerung gutgeheissen werden.
Wegen des erbitterten Protestes soll Israels Regierung in einem Krisengespräch über einen Stopp der Justizreform beraten, wie die «Jerusalem Post» berichtet. Am Gespräch nehmen demnach Justizminister Jariv Levin, Finanzminister Bezalel Smotrich, Bildungsminister Joav Kisch und der für strategische Fragen zuständige Minister Ron Dermer teil.