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Kartellgewalt in Mexiko Bürgermeister kurz nach Amtsantritt enthauptet

Alejandro Arcos wollte die Drogenkriminalität in seiner Stadt bekämpfen. Nach sechs Tagen im Amt wurde er auf bestialische Weise ermordet.

Dass Mexikos Drogenkartelle mit äusserster Brutalität vorgehen, ist bekannt. Im Südwesten des Landes kam es nun aber zu einem besonders verstörenden Verbrechen. Der Stadtpräsident von Chilpancingo wurde nach nur sechs Tagen im Amt ermordet. Lokale Medien berichteten unmittelbar nach der Tat, Alejandro Arcos sei enthauptet worden.

Inzwischen sind weitere Details der gruseligen Inszenierung bekannt. «Der Kopf des Bürgermeisters wurde auf dem Dach eines Autos gefunden, der Körper sass am Steuer», berichtet die Journalistin Sandra Weiss aus Mexiko. «Mit dieser Botschaft wollte die Drogenmafia wohl klarstellen, wer in Chilpancingo das Sagen hat.»

Erschütterung in der Politik

Die Gouverneurin des Bundesstaates Guerrero, Evelyn Salgado, brachte am Sonntag ihre «Empörung» über das Attentat zum Ausdruck. Sie verurteilte das «feige Verbrechen» an Arcos und forderte, der Gewalt und der Straflosigkeit in dem Bundesstaat endlich ein Ende zu setzen. «Die Menschen in Guerrero haben es nicht verdient, in Angst zu leben», erklärte sie.

Nach Angaben von Parteichef Alejandro Moreno war wenige Tage zuvor bereits der Kommunalpolitiker Francisco Tapia getötet worden. «Sie waren weniger als eine Woche im Amt. Junge und ehrliche Amtsträger, die ihre Gemeinde voranbringen wollten», schrieb Moreno auf X.

Blutige Machtdemonstration

Guerrero, einer der ärmsten mexikanischen Bundesstaaten, ist besonders stark von der brutalen Drogenkriminalität in Mexiko betroffen. 2014 erlangte der Bundesstaat unrühmliche Bekanntheit: 43 Studentinnen und Studenten wurden vom Drogensyndikat «Guerreros Unidos» entführt und mutmasslich ermordet. Spätere Ermittlungen ergaben, dass sie von Polizisten an die kriminelle Bande übergeben worden waren.

Arcos war für ein Oppositionsbündnis angetreten, dem unter anderem die langjährige mexikanische Regierungspartei PRI angehörte. «Die Bevölkerung setzte grosse Hoffnungen in den neuen Bürgermeister», sagt Journalistin Weiss. «Aber schon nach drei Tagen wurde sein Sekretär ermordet, noch einmal drei Tage später traf es dann ihn.»

Arcos’ Vorgängerin verpasste die Wiederwahl, nachdem unter ihrer Ägide die Schutzgeldzahlungen an die Drogenbanden in der Stadt explodiert waren. Zudem waren Fotos aufgetaucht, die sie im Gespräch mit einem lokalen Mafiaboss zeigten.

Abwesender Staat begünstigt Aufstieg der Kartelle

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Soldaten verbrennen Opium-Felder in Guerrero (2017).
Legende: Soldaten verbrennen Opium-Felder in Guerrero (2017). Getty Images/Washington Post/Michael Robinson Chavez

Für die mexikanischen Drogenkartelle ist der Bundesstaat Guerrero ein strategisch wichtiger Knotenpunkt. Die Region verbindet die Küste mit den Bergen im Hinterland und liegt relativ nahe an der Hauptstadt Mexikos. «Die gebirgige Region ist extrem schwer zugänglich, weswegen der Staat dort nie besonders präsent war», berichtet Weiss. Die Menschen im armutsgeplagten Bundesstaat blieben lange sich selbst überlassen, in vielen Gegenden übernahmen die Drogenbanden das Kommando. In den Bergen fanden sie auch perfekte Bedingungen vor, um unbehelligt Mohn anzupflanzen, aus dem Heroin hergestellt wird.

In Mexiko liefern sich kriminelle Banden seit Jahren brutale Kämpfe um die Vorherrschaft über den Drogenmarkt. Im vergangenen Jahr wurden im Bundesstaat Guerrero, in dem auch der bekannte Badeort Acapulco liegt, 1890 Morde registriert. In ganz Mexiko gab es seit 2006 mehr als 450'000 Tote. Immer wieder wurden auch Politiker, insbesondere Lokalpolitiker, getötet.

Gewaltspirale dreht immer schneller

Der Kampf gegen den Drogenkrieg ist eine der grössten Herausforderungen für die neue mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum, die am 1. Oktober ihr Amt angetreten hat. Mexikos erste Präsidentin überhaupt will in dieser Woche ihre neue Sicherheitsstrategie vorstellen.

Claudia Sheinbaum
Legende: Für Präsidentin Sheinbaum ist Arcos’ Ermordung besonders unangenehm: Nur 24 Stunden vor seinem Tod bat er die Präsidentin in einem Interview persönlich um Schutz. Keystone/EPA/José Méndez

Journalistin Weiss bezweifelt jedoch, dass das Massnahmenpaket der neuen Präsidentin schnell Wirkung entfalten wird. «An der Mammutaufgabe, gegen die Kartelle vorzugehen, sind bislang auch ihre Vorgänger gescheitert. Zumal sich die Gewaltspirale im Drogenkrieg immer schneller dreht.»

SRF 4 News, 08.10.2024, 6:45 Uhr ; 

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