Wer von Harare nach Chimanimani fährt, kann gar nicht glauben, dass irgendwo ein Zyklon gewütet hat, so idyllisch wirkt die Gegend mit den Baobab-Bäumen und verwitterten Felsklötzen, die von der Natur zu kunstvollen Installationen aufgetürmt worden sind. Doch 100 Kilometer vor Chimanimani endet plötzlich die Strasse. Statt einer Brücke klafft ein Loch über dem Flussbett, indem sich ausgewurzelte Bäume ineinander verzahnen.
Spätestens jetzt ist klar, dass hier in der Nacht vom 15. März eine unvorstellbare Naturgewalt gewütet hat.
Das simbabwische Militär ist seit dem Tag des Zyklons ununterbrochen mit der Instandstellung der Strassen und Brücken beschäftigt, doch ohne Allradfahrzeug gelangt man bis heute nicht in das betroffene Gebiet.
Auf einem Bergkamm warten rund hundert Menschen, die ihre Häuser verloren haben, auf eine Verteilung von Hilfsgütern. Die Säcke voller Mais und die Moskitozelte sind von Simbabwern gespendet worden. Es ist berührend zu sehen, wie ein Volk, das sich selbst kaum Nahrungsmittel leisten kann, für die Opfer von Zyklon «Idai» das letzte Bargeld zusammenkratzte und Tonnen von Hilfsgüter gesammelt hat. Auch die Schweiz spendete zwei Millionen für die Opfer in Mosambik, Malawi und Simbabwe.
Der Zyklon «Idai» hat nicht ein ganzes Gebiet zerstört, sondern eine Art Patchwork-Katastrophe hinterlassen. Dort, wo die Vegetation die vom Regen aufgeweichten Hänge nicht mehr halten konnte, donnerten Felslawinen ins Tal und begruben alles unter sich. Wo Häuser standen, ist nur noch ein Geröllteppich zu sehen.
«Ich erwachte mitten in der Nacht durch eine Art Donnern», erzählt Mishek Katanga, der sich und seine Familie wie durch ein Wunder hat retten können. «Dann brach ein Felsblock durch das Dach und wir rannten um unser Leben.»
Sein Nachbar hatte weniger Glück. Der Murgang riss in seinen Fluten seine zwölfjährige Tochter mit. Er sucht sie bis heute vergebens. Ihm und anderen Überlebenden steht der Schock ins Gesicht geschrieben. Sie erzählen beinah tonlos und ohne Emotionen. «Sie sind traumatisiert», sagt Virginia Moneti von der Organisation Ärzte ohne Grenzen, die als eine der ersten internationalen Organisationen im Gebiet eingetroffen ist. «Die Menschen in dieser Gegend haben schon Zyklone erlebt, aber noch nie in ihrem Leben eine solche Katastrophe.»
Noch wirkt die Hilfe im Katastrophengebiet improvisiert. Einige Obdachlose leben in einem Hotel ohne Strom und Wasser, andere in Zelten oder bei Verwandten, deren Häuser noch stehen.
Immer noch sind viele Dörfer von der Aussenwelt abgeschnitten und das Ausmass der Schäden noch unklar. Viele Bewohner haben nicht nur ihr Hab und Gut verloren, sondern auch ihre Ernte und ihr Vieh. Dennoch jammern diese Menschen nicht, sie stehen wie immer auf und versuchen jeden Tag, ihr zerstörtes Leben ein wenig mehr aufzubauen. So gut es eben geht.
SRF 4 News, 04.04.2019; 07:00 Uhr