Der britische Premierminister Keir Starmer muss sich gerade unangenehme Fragen stellen lassen. Wer bezahlt seine Schuhe und die Garderobe seiner Frau?
Als Boris Johnson noch in Downing Street residierte, waren solche Fragen üblich. Der damalige Premier war notorisch knapp bei Kasse und liess sich hemmungslos Ferien und goldene Tapeten spendieren. Doch umsonst gibt es in der Politik selten etwas.
Johnson wurde drum im Parlament regelmässig vom damaligen Oppositionschef Keir Starmer zu seinen finanziellen Verstrickungen grilliert. «Kann ich den Premierminister einmal mehr daran erinnern, welche Tugenden von Leuten in hohen öffentlichen Ämtern erwartet werden? Es sind Selbstlosigkeit, Integrität, Wahrhaftigkeit, Transparenz und vorbildhaftes Benehmen», sagte Starmer.
Auch Starmer scheint knapp bei Kasse
Mittlerweile wohnt der damalige Oppositions-Chef Keir Starmer in Downing Street. Und knapp bei Kasse scheint Starmer ebenfalls zu sein. Seine Schuhe, Brillen und Anzüge lässt er sich – nicht erst seit er Premierminister ist, sondern seit Jahren – von einem Lord und Multimillionär finanzieren.
Und er liess sich nicht nur einkleiden: Selbst Eintrittskarten für Fussballspiele oder Konzerte liess er sich bezahlen. Ebenso die Abendgarderobe seiner Frau. Geschenke für gut 120'000 Franken soll Starmer in den vergangen Jahren entgegengenommen haben. Alle Politiker würden Geschenke annehmen, lautete die lapidare Erklärung von Starmer.
Ausgerechnet der Mann, der versprach, mit der Vetternwirtschaft in Downing Street aufzuräumen, ausgerechnet dieser Mann entpuppt sich nun als scheinheiliger Heuchler.
Das mag stimmen, doch keiner liess sich, gemäss Recherche der britischen Zeitung «Times», so reich beschenken wie er. Ausgerechnet frohlockte der rechtskonservative Richard Tice: «Ein Mann, der sich im Wahlkampf Integrität auf die Fahne geschrieben hat, der den Britinnen und Briten versprochen hat, mit der Vetternwirtschaft in Downing Street aufzuräumen, ausgerechnet dieser Mann entpuppt sich nun als scheinheiliger Heuchler.»
Repräsentation kostet
Seit Tagen sind die konservativen Zeitungen voll mit hämischen Kommentaren. Labour-Aussenminsiter David Lammy versuchte im BBC-Frühstücks-Fernsehen die Scherben ein bisschen zu kitten. Hinter der ganzen Geschichte sei das Bemühen des Premierministers und seiner Frau zu spüren, auf dem internationalen Parkett adrett aufzutreten und das Land ansprechend zu repräsentieren. Und das sei eine kostspielige Angelegenheit. Aber der Premierminister verfüge über keinerlei Spesen-Zulagen. «Wie soll er das also alles bezahlen?», fragte der Aussenminister besorgt. Die 800'000 Rentner und Rentnerinnen, denen Starmer gerade den Heizkosten-Zuschlag für den kommenden Winter gestrichen hat, würden allenfalls sagen – mit seinem Einkommen.
Diese Botschaft ist mittlerweile offenbar in Downing Street angekommen. Kurz vor Beginn der Parteikonferenz liess Starmer verlauten, dass er und seine Ministerinnen und Minister künftig keine Kleiderspenden mehr entgegennehmen würden. Aus dem Communiqué geht jedoch nicht hervor, ob dieser Annahme-Stopp nur für Kleider gilt oder ebenso für Schuhe, Brillen und Fussballtickets.