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KI in Grossbritannien Premier Starmer greift zur digitalen Magie

Sein Lob auf die Künstliche Intelligenz ist wortreich. Es wirkt am Ende aber doch eher wie eine Flucht vor den realen Problemen.

Der britische Premier Keir Starmer hat zum Wochenbeginn die digitale Revolution ausgerufen. Das Land will er zum weltweiten Zentrum der Künstlichen Intelligenz machen und so das Leben für die Menschen in allen Bereichen zum Besseren verändern.

Man wird dabei den Eindruck nicht los, dass Ankündigung zum jetzigen Zeitpunkt auch ein Flucht- beziehungsweise Ablenkungsmanöver vor den tatsächlich riesigen Problemen des Landes sein könnte: Starmer ist seit der Wahl vor sechs Monaten unter Druck. Seine Umfragewerte sind bedenklich tief. Die Wirtschaft wächst nicht wie versprochen. Und dass Elon Musk auf X unverhohlen seine Abwahl fordert, ist zwar irrelevantes Getöse, aber trotzdem sehr ärgerlich.

Schneller – besser – KI

Starmer verspricht sich von KI Verbesserungen quer durchs öffentliche Leben: Kürzere Wartezeiten im legendären britischen Gesundheitswesen, Lehrpersonen, die sich quasi automatisiert vorbereiten und damit mehr Zeit für ihre Zöglinge haben. Dazu sicherere Strassen, wenn die Bilder von Überwachungskameras in Echtzeit abgeglichen werden. Schlaglöcher, die effizienter repariert werden und die automatisierte Behandlung von Bürgeranfragen.

Vieles, was sich Starmer von der Künstlichen Intelligenz in den buntesten Farben erhofft, ist in der Forschung und Medizin bereits möglich, wenn etwa KI Röntgenbilder und Laborwerte analysiert oder KI-Computer MRI-Bilder nach Tumoren und Blutgerinnseln absuchen, schneller als jeder Mensch.

Eine Vision, die kostet

Unterschlagen hat der britische Premier, dass dieser Fortschritt enorme Summen verschlingen wird und KI allein die leeren Staatskassen nicht füllen kann. Fehlende Spitäler, Spitalbetten und Gesundheits- und Pflegepersonal kann KI ebenso wenig ersetzen wie die bestehende Zweiklassenmedizin.

Keir Starmer
Legende: Premier Keir Starmer am Montag im Gespräch mit Forschenden des Manufacturing Futures Lab am University College London UCL. Keystone/AP/Henry Nicholls

Entsprechend kommt Starmers euphorisch vorgetragene Vision auch ziemlich blauäugig herüber. Die Zeitungskommentare sind entsprechend durchzogen, wobei die Offenheit der Labour-Regierung gegenüber der neuen Technologie grundsätzlich begrüsst wird. Eine Art neue industrielle Revolution, die man nicht ignorieren kann, die aber auch Ängste weckt, wenn eines Tages etwa nur noch der Kontakt zum Pflegeroboter möglich sein sollte.

Viele offene Fragen

Doch die Frage bleibt, ob KI wirklich die magische Kugel ist, mit der sich einfach alles lösen lässt, was das Land plagt. Die Bedenken des Datenschutzes etwa klammerte Starmer in seiner Ansprache weitgehend aus, wenn etwa ein unbegrenzter Zugang zu Patientendaten oder zu Fahndungsdateien ermöglicht werden sollte. Und am Ende sind es ja weiterhin Menschen, die Kranke pflegen und Schlaglöcher flicken.

Rendez-vous, 14.01.2025, 12:30 Uhr; reim

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