Eine Stadt in Trümmern: Noch immer ist Bachmut, im Osten der Ukraine, schwer umkämpft. Stück für Stück rückt die russische Armee derzeit vor. Beide Seiten erleiden hohe Verluste.
Trotzdem kündigt der Befehlshaber des ukrainischen Heeres, Oleksandr Syrskyj, eine Gegenoffensive an. Die Russen verlören deutlich an Kraft und seien erschöpft, sagt er.
Die Teilung der russischen Armee als Ziel
Militärexperte Markus Reisner verfolgt den Kriegsverlauf in der Ukraine genau. Es gebe tatsächlich Hinweise auf eine bevorstehende Frühjahrsoffensive der Ukrainer, erklärt der Oberst des österreichischen Bundesheeres.
Einerseits würden die ukrainischen Streitkräfte derzeit zusätzliche Grossverbände aufstellen, andererseits würde der Westen gezielt Waffen für eine Offensive liefern, wie zum Beispiel spezielle Bergungsfahrzeuge oder Brückenlegepanzer, erklärt Reisner.
So könnte die Ukraine einen Vorstoss im Süden des Landes von Saporischja aus Richtung Melitopol versuchen. Gelänge es den Streitkräften dabei bis zur Schwarzmeerküste durchzubrechen, könnten sie die russische Armee teilen.
Überlegenes russisches Waffenarsenal
Russland kann jedoch immer noch auf weitaus mehr Waffen zurückgreifen als die ukrainischen Streitkräfte. Die ukrainische Armee müsse sich deshalb aus der Falle des Abnutzungskrieges befreien, sagt der Experte. «Das ukrainische Militär war immer dann erfolgreich, wenn es sehr beweglich war», erklärt Reisner. «Die russischen Streitkräfte sind immer dann im Vorteil, wenn sie den Ukrainern einen Stellungskrieg aufzwingen. Dann kann sie ihre Artillerie einsetzen. Darum muss die Ukraine jetzt wieder in den Bewegungskrieg übergehen», ist Reisner überzeugt.
Das ukrainische Militär war immer dann erfolgreich, wenn es sehr beweglich war.
Hinzu kommt: Letzte Woche kamen die ersten Leopard-2-Kampf- und Marder-Schützenpanzer aus Deutschland, Polen und Norwegen an. «In Anbetracht der langen Frontlinie sind diese Mengen immer noch sehr gering. Die Ukraine wird versuchen, diese massiert zusammenzuführen», vermutet der Militärexperte. Neben gepanzerten Fahrzeugen benötigt die Ukraine dringend Artilleriegeschosse und Präzisionsraketen.
Wann kommen die EU-Artilleriegeschosse?
Die EU will zwar innerhalb dieses Jahres eine Million Artilleriegeschosse liefern. Wann genau die Ukraine jedoch mit den ersten Lieferungen rechnen kann, ist noch unklar. «Die Führung der ukrainischen Streitkräfte steckt momentan im Dilemma», ist sich Reisner sicher. «Einerseits erfordern die Kämpfe in Ortschaften wie Bachmut den Einsatz von Reserven, andererseits ist die Offensive vorzubereiten», erklärt er. Hier stelle sich die Frage, ob bereits genügend Material vorhanden sei.
Jetzt zuschlagen oder zuwarten, um dann ausreichend Kräfte zu haben? Eine schwere Entscheidung für das ukrainische Militär, die den Kriegsverlauf bedeutend verändern könnte.