China macht höhere Schulden, um den Konsum anzukurbeln. Das hat Ministerpräsident Li Qiang eben beim Nationalen Volkskongress in Peking angekündigt. Vordergründig eine simple Wirtschaftsförderung – tatsächlich sehen chinesische Experten aber einen grösseren Wandel. Wieso, wie dieser aussieht und woran er scheitern könnte in vier Punkten.
1. Das alte Modell hat ausgedient
Chinas Wirtschaft soll von einer investitionsgetriebenen zu einer konsumorientierten Wirtschaft umgebaut werden. Der regierungsnahe Ökonom Xu Hongcai sagt: «In der Vergangenheit gab es viel Verschwendung, vor allem bei staatlichen Investitionen. Diese Investitionen haben auch den Konsum gedrückt. Dieser strukturelle Fehler wird nun korrigiert.»
Früher waren es der Bau von Flughäfen, Strassen und Hochgeschwindigkeitszügen, die das Wachstum antrieben. Doch Bahnhöfe, an denen kein Zug hält und Flughäfen, die kaum jemand nutzt, zeigen: Das alte Modell hat ausgedient. Deshalb richtet jetzt die Staatsführung ihren Fokus immer mehr auf den Konsum.
2. Direkte Unterstützung für Käuferinnen und Käufer
Der chinesische Wirtschaftsexperte Li Daokui sieht die Wende als überfällig. Er sagt: «Ich bin sehr zuversichtlich, dass nun unser Vorschlag umgesetzt wird, und zwar, dass die Regierung Einkäufe der Chinesinnen und Chinesen subventioniert.»
Wer ein Gerät kauft, soll 25 Prozent Rabatt erhalten. Den Rabatt bezahlt dann der Staat, sodass die Läden nicht leiden.
Bisher gab es solche Programme bereits auf Provinzebene. Vor allem für Haushaltsgeräte wie Kühlschränke, Öfen und Reiskocher. Jetzt sollen die Massnahmen ausgeweitet werden.
3. Wandel der Bürokratie
Eine Hürde dabei sind die Behörden. Ganze Ämter mit Zigtausende Beamten sind darauf ausgerichtet, das nächste grosse Infrastrukturprojekt zu planen und koordinieren.
Doch auch hier soll sich etwas ändern, sagt Li. Ein Beispiel sei die Mehrwertsteuer bei Elektroautos. Bisher floss ein Grossteil dieser Steuer an die Stadt, in der das Auto produziert wurde. Jetzt erhält die Stadt den Betrag, in der das Auto verkauft wird – ein Anreiz, den Fokus von der Produktion auf den Verkauf zu verlagern.
4. Scheitern wegen Kontrollverlust?
Westliche Experten bleiben skeptisch. Sie sehen das Reformtempo als zu langsam und die Änderungen als zu gering. Zudem bedeutet eine konsumorientierte Wirtschaft, dass plötzlich die Menschen entscheiden, wohin ein grosser Teil des Geldes fliesst. Das heisst weniger Kontrolle für die Zentralregierung und die kommunistische Partei. Es ist fraglich, ob die chinesische Führung das zulässt.
Ökonom Xu hält dagegen. China habe ein eigenes Interesse am Wandel: «Die Stärkung der heimischen Wirtschaft ist der wichtigste Faktor, um externen Schocks zu begegnen.» Ein externer Schock ist zum Beispiel US-Präsident Donald Trump mit seinen Zöllen auf chinesische Waren.
Wie konsequent Peking seinen wirtschaftlichen Umbau durchzieht, wird sich im Laufe des Jahres zeigen – spätestens, wenn die Kommunistische Partei ihren nächsten Fünfjahresplan verabschiedet.