- Wegen Affenpocken-Nachweisen in mehr als 70 Ländern ruft die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine «Notlage von internationaler Tragweite» aus.
- Das gab WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus an einer Pressekonferenz in Genf bekannt.
- In der Schweiz sind bislang 229 Affenpocken-Fälle nachgewiesen (Stand 22. Juli).
Die «Notlage von internationaler Tragweite» ist die höchste Alarmstufe, die die WHO verhängen kann. Praktische Auswirkungen hat das zunächst nicht.
Die Einstufung soll die Regierungen der Mitgliedsländer dazu bewegen, Massnahmen zu ergreifen, um den Ausbruch einzudämmen. Sie sollen Ärzte und Kliniken sensibilisieren, bei Verdachtsfällen Schutzmassnahmen treffen und die Bevölkerung aufklären, wie sie sich vor einer Ansteckung schützen kann.
Über 16'000 Fälle in 75 Ländern bestätigt
«Wir haben einen Ausbruch, der sich durch neue Übertragungswege schnell auf der ganzen Welt ausgebreitet hat. Wir wissen zu wenig darüber, aber er erfüllt die Kriterien für eine internationale Notlage», erklärte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Samstagnachmittag an einer Pressekonferenz in Genf.
Mittlerweile seien über 16'000 Affenpocken-Fälle in 75 Ländern bestätigt, darunter fünf Todesfälle. Das Risiko, sich anzustecken, besteht laut WHO derzeit vor allem in Europa. «Das Virus wird hauptsächlich beim Sex unter Männern verbreitet. Das bedeutet, dass dieser Ausbruch gestoppt werden kann – mit den richtigen Strategien in der richtigen Gruppe», sagte Tedros. Zugleich warnte die WHO vor einer Stigmatisierung dieser Gruppen.
Ob wegen der Affenpocken der Gesundheitsnotstand erklärt werden soll, war in der WHO umstritten. Generaldirektor Tedros erklärte, er habe die Entscheidung gegen die Mehrheit des beratenden Expertenkomitees getroffen. Sechs Mitglieder des Gremiums hätten für diese Einstufung und neun dagegen gestimmt.
Die WHO hatte bereits im Juni wegen der Häufung der Affenpocken-Fälle in Ländern, in denen die Infektionskrankheit bislang praktisch unbekannt war, einen Notfall-Ausschuss eingerichtet. Dieser setzt sich aus 16 Fachleuten zusammen, die sich mit der Krankheit auskennen.
In den USA sind inzwischen mehr als 2800 Affenpocken-Fälle bestätigt. Diese Woche sind laut Gesundheitsbehörde CDC auch zwei Fälle von Affenpocken bei Kindern nachgewiesen worden.
In der Schweiz müssen Ansteckungen mit Affenpocken seit dem 20. Juli dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) gemeldet werden. Wie das BAG schreibt, sollen so Erkenntnisse über den Übertragungsweg von Affenpocken gewonnen werden. In der Schweiz sind bislang 229 Affenpocken-Fälle nachgewiesen (Stand 22. Juli), der erste Fall trat am 21. Mai auf.
Derzeit geht das BAG von einer «mässigen Gefahr» für die Bevölkerung aus, wie das Bundesamt auf seiner Website schreibt. Man werde die weitere Entwicklung genau beobachten und die Risikobeurteilung den neusten Erkenntnissen anpassen.
Nicht vergleichbar mit Corona
Auch den Ausbruch des Coronavirus Sars-CoV-2 hatte die WHO am 30. Januar 2020 als «Notlage» deklariert. Das bedeutet aber nicht, dass die Menschen sich nun bei Affenpocken auf dieselben Massnahmen wie bei der Corona-Pandemie einstellen müssen. Denn die Krankheiten lassen sich nicht miteinander vergleichen.
Während sich das Coronavirus durch Aerosole mit Virenpartikeln verbreitet, die Infizierte beim Atmen, Sprechen oder Husten ausstossen, erfolgen Infektionen mit Affenpocken nach derzeitigem Wissensstand in der Regel durch engen Körperkontakt.